Freitag, den 31. Mai 2019
Mit scharfer Kritik reagiert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di) auf Pläne des Bundesinnenministeriums, Geheimdiensten
künftig sehr viel einfacher das digitale Ausspähen von Redaktionen zu
ermöglichen.
"Das Vorhaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer sägt an einem
Grundpfeiler der Pressefreiheit, dem Schutz von Journalistinnen und
Journalisten als Berufsgeheimnisträgern. Die Pläne gehören sofort
vollständig ad acta gelegt. Wenn Redaktionen ohne überhaupt
nennenswerte Hürden digital ausgespäht werden dürften, wird damit der
Quellenschutz ausgehöhlt. Aber ohne Quellenschutz ist keine kritische
Berichterstattung möglich, die Missstände aufdeckt und damit einen
unerlässlichen Beitrag zum Erhalt von Recht und Demokratie leistet",
sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke.
Werneke forderte stattdessen eine Stärkung der Pressefreiheit, nicht
ihre Aushöhlung. So müssten Medienschaffende etwa größere Befugnisse
erhalten, um zu erfahren, was die Verfassungsschutzämter an
Informationen über sie sammeln. Außerdem brauche es verlässliche
Regeln, wie Sicherheitsbehörden mit personenbezogenen Daten von
Journalistinnen und Journalisten umgehen. Das habe zuletzt der
Skandal um zahlreiche verweigerte Akkreditierungen im Rahmen des
G20-Gipfels gezeigt. "Das Bundesinnenministerium hat dazu bisher
keine Vorschläge für Verbesserungen vorgelegt. Das ist vollkommen
unbefriedigend", sagte Werneke.
Reporter ohne Grenzen hatte herausgearbeitet, dass der Entwurf für
ein "Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts"
Geheimdiensten erlauben will, Redaktionen künftig umfangreich online
auszuspähen (siehe https://tinyurl.com/yxwdzzm2). Dafür müssen weder
Straftaten vorliegen noch soll ein Richter die Maßnahme genehmigen.
Bisher waren Journalistinnen und Journalisten als
Berufsgeheimnisträger davon ebenso wie Ärztinnen und Ärzte,
Anwältinnen und Anwälte, Abgeordnete und Geistliche prinzipiell
ausgenommen. Nur bei schwersten Straftaten und unter besonders hohen
Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit dürfen Richter seit 2017
Onlinedurchsuchungen von Redaktionen genehmigen. Diese Hürden sollen
laut Innenministerium nun auch noch fallen, nicht nur im Inland. Auch
der Bundesnachrichtendienst soll sich künftig einfacher in
ausländische Redaktionen hacken dürfen, um die "Handlungsfähigkeit
Deutschlands" sicher zu stellen.