Foto: Dr. Caroline Kuhn leitet die
Neuropsychologische Ambulanz der Universität des Saarlandes.
"Ich spüre was, was du nicht siehst"
Ein hinkender Gang, eine gelähmte Hand - solche Merkmale
verbinden viele Menschen mit einem Schlaganfall. Doch kaum bekannt ist, dass
rund 80 Prozent der Patienten an den unsichtbaren Folgen dieser Krankheit
leiden. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe stellt den bundesweiten
"Tag gegen den Schlaganfall" am 10. Mai deshalb unter das Motto
"Ich spüre was, was du nicht siehst ..."
Patienten-Geschichten wie diese kennt man in jeder
neurologischen Rehabilitationsklinik: Ein jüngerer Mensch erleidet einen
Schlaganfall, übersteht ihn äußerlich nahezu unbeschadet und kehrt zurück an
seinen Arbeitsplatz. Doch wenige Wochen später bricht er zusammen und muss in
die Reha. Viele Patienten merken erst im Alltag, dass sie den Anforderungen
ihres bisherigen Lebens nicht mehr gewachsen sind.
Das Gehirn braucht viele Pausen
"Das Gehirn braucht in den ersten 18 bis 36 Monaten
nach dem Schlaganfall extrem viele Erholungspausen", sagt Dr. Caroline
Kuhn, Leiterin der Neuropsychologischen Lehr- und Forschungsambulanz der
Universität des Saarlandes. Die Neuropsychologin ist Autorin eines Ratgebers
für Patienten und Angehörige und berät die Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe.
Zu den häufigsten neuropsychologischen Funktionsstörungen
nach Schlaganfall zählen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsdefizite, oft
einhergehend mit Gedächtnislücken und Planungsstörungen. Nicht selten sind
Patienten schon mit der Organisation ihres Einkaufs überfordert. Ebenfalls
häufig kommt es zu Sprach- oder Sehstörungen. Hinzu kommen oft emotionale
Veränderungen, die vor allem die Beziehung zu Partnern und Angehörigen belasten.
Ambulante Versorgung Mangelware
Betroffene sollten sich unbedingt professionelle Hilfe
holen. Außerhalb von neurologischen Rehabilitationskliniken sind
niedergelassene Neuropsychologen hier die erste Adresse. Allerdings ist die
ambulante Versorgungssituation schlecht, Patienten müssen oft monatelang auf
einen Termin warten. Es gibt schlicht viel zu wenige Therapeuten.
Dr. Thomas Guthke, 1. Vorsitzender der Gesellschaft für
Neuropsychologie, spricht von einem "extremen Defizit im Angebot
neuropsychologischer Leistungen, das insbesondere im ambulanten Bereich sehr
deutlich wird." Die Fachgesellschaft hat überschlagen, dass es in
Deutschland Bedarf für mindestens 1.000 ambulante Neuropsychologen gibt.
Aktuell gibt es rund 200.
Kompensation durch Ergotherapie
Das hat zwei wesentliche Gründe: Neuropsychologen haben
eine spezielle, umfangreiche Weiterbildung, die sie seit einigen Jahren auch
berechtigt, ambulante Behandlungen mit den Kassen abzurechnen. Die Ausbildung
ist jedoch sehr langwierig, was viele Interessenten abschreckt. Und die
Zulassungsverfahren sind in manchen Regionen sehr langwierig.
Vermutlich wird es noch Jahre dauern, bis sich die
Situation entspannt. Dr. Caroline Kuhn empfiehlt Patienten, die keinen Termin
bekommen, sich zunächst an einen Ergotherapeuten zu wenden. "Dabei sollte
man bei der Auswahl der Praxis darauf achten, dass die Therapeuten auf
neurologische Erkrankungen spezialisiert sind", so die Neuropsychologin.
Überforderung vermeiden
Familie, Freunde und Arbeitskollegen sollten insbesondere
in der ersten Zeit nach dem Schlaganfall besonders einfühlsam mit den
Betroffenen umgehen. Patienten rät Caroline Kuhn, "offen zu kommunizieren,
dass meine Belastungsgrenzen reduziert sind. Dann kann auch mein Umfeld besser
damit umgehen. Das ist kein Grund, sich zu schämen".
Tag gegen den Schlaganfall
1999 rief die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
erstmals den "Tag gegen den Schlaganfall" aus. Seither veranstalten
Kliniken, Ärzte und Selbsthilfegruppen bundesweit rund um den 10. Mai Gesundheitsaktionen
und Vorträge. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe stellt in ihrem
Internet-Portal umfangreiche Informationen zum Umgang mit neuropsychologischen
Funktionsstörungen bereit: www.schlaganfall-hilfe.de.
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Schlaganfall-Hilfe, übermittelt durch news aktuell
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