header-placeholder


image header
image
Richterhammer, 08 Uhr

Aus dem Gerichtssaal: Veröffentlichung der Ergebnisse eines Warentests für Mastferkel rechtswidrig

23. April 2019

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Urteil vom 2. April 2019 die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen verurteilt es zu unterlassen, die Ergebnisse des von ihr durchgeführten "10. Warentests für Mastferkel" mündlich, schriftlich, über das Internet oder in sonstiger Weise gegenüber Dritten bekanntzugeben oder Dritten Zugang zu den Ergebnissen des vorbezeichneten Warentests, gleich in welcher Art und Weise, zu gewähren, und ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Zwangsgelds von bis zu 250.000 Euro angedroht.

Die Beklagte hatte 2014 im Auftrag des Verlages des "Wochenblatts für Landwirtschaft und Landleben", eines der Amtsblätter der Beklagten, ihren "10. Warentest für Mastferkel" durchgeführt und die Ergebnisse 2016 im genannten Wochenblatt veröffentlicht. Im Rahmen des Warentests hatte die Beklagte bestimmte genetische Eigenschaften von Endproduktebern aus vier verschiedenen Zuchtorganisationen verglichen. Zu diesem Zweck hatte die Beklagte Mastschweine aus dem Sperma der Eber der teilnehmenden Zuchtorganisationen produziert und die Mastschweine in Hinblick auf die Kriterien Mastleistung, Schlachtkörperbeschaffenheit, Fleischbeschaffenheit, Ebergeruch und Wirtschaftlichkeit verglichen. Bei diesem Warentest schnitten die Nachkommen der Eber des klägerischen Unternehmens, einer staatlich anerkannten Tierzuchtorganisation auf dem Gebiet der Schweinezucht mit Sitz in Baden-Württemberg, am schlechtesten ab.

Der gegen die Veröffentlichung der Testergebnisse gerichteten Klage des Klägers gab das Verwaltungsgericht Münster statt. In der nunmehr vorliegenden schriftlichen Begründung des Urteils heißt es unter anderem: Die - weiterhin drohende - Weitergabe der Ergebnisse des "10. Warentests für Mastferkel" an Dritte stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers dar. Die Durchführung eines vergleichenden Warentests und die anschließende Weitergabe der Ergebnisse an Dritte seien sowohl in ihrer Zielsetzung als auch in ihrer Wirkung einem klassischen Grundrechtseingriff vergleichbar. Für diesen Grundrechtseingriff fehle es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Die der Landwirtschaftskammer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben bezögen sich durchweg im positiven Sinne auf die Förderung, Betreuung und Unterstützung der in der Landwirtschaft tätigen Personen. Es erscheine daher fernliegend, dass der Gesetzgeber der Landwirtschaftskammer Aufgaben habe zuweisen wollen, zu deren Erfüllung der Eingriff in Grundrechte erforderlich sei. Darüber hinaus erscheine jedenfalls zweifelhaft, ob die Durchführung eines Warentests und die anschließende Veröffentlichung der Ergebnisse überhaupt von dem im Landwirtschaftskammergesetz definierten Aufgabenbereich der Beklagten erfasst seien. Auch die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach dem Tierzuchtgesetz seien nicht erfüllt. Abgesehen von der fehlenden Ermächtigungsgrundlage genügten die Art und Weise der Durchführung des Warentests und die Veröffentlichung der Testergebnisse auch nicht dem allgemeinen, für jedes staatliche Informationshandeln geltenden Gebot der Sachlichkeit, sodass die Weitergabe der Ergebnisse auch aus diesem Grund rechtswidrig sei. Ein wesentlicher Mangel des Warentests bestehe darin, dass das Ebersperma im Vorfeld des Tests nicht anonymisiert worden sei und daher jedenfalls von den Betriebsleitern der Ferkelerzeugerbetriebe den jeweiligen Zuchtorganisationen habe zugeordnet werden können. Daraus hätten sich für die Betriebsleiter verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Testverlauf eröffnet. Darüber hinaus genügten auch die Art und Weise der Ergebnisdarstellung nicht den Anforderungen an das Sachlichkeitsgebot. So verstoße die abschließende Vergabe von Schulnoten nach einem relativen Bewertungsmodell gegen das Sachlichkeitsgebot. Gleiches gelte für die Verwendung des Ampelsystems im Rahmen der Ergebnisdarstellung. Auch sei für die Adressaten des Warentests nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennbar, nach welchen Kriterien die abschließende Gesamtnote errechnet worden sei. Abgesehen davon bestünden auch im Übrigen erhebliche Bedenken, ob der gewählte Testaufbau mit den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots vereinbar sei. So erscheine insbesondere zweifelhaft, ob die Vorgehensweise der Beklagten bei der Auswahl der Ferkelerzeugerbetriebe den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots genüge. Es lasse sich nicht mit der gebotenen Klarheit nachvollziehen, auf welche Weise und anhand welcher Kriterien die Beklagte aus den etwa 30 geeigneten Betrieben die sechs Betriebe je Sauenherkunft ausgewählt habe, die an dem Test teilgenommen hätten. Darüber hinaus begegne auch das von der Beklagten gewählte Aufbaumodell des kreuzklassifizierten balancierten Versuchsdesigns erheblichen Bedenken, weil es durchaus naheliegend sei, dass die getesteten Herkünfte in den Ferkelerzeugerbetrieben unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt gewesen seien und sich daraus Zweifel an der Vergleichbarkeit der Testbedingungen ergäben.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

(Az.: 11 K 5015/16 – nicht rechtskräftig)