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Lucy & Dicki, Teil 28 – Eine Ostergeschichte von Annemarie Stern aus Haldensleben

Brütende Katzen und eine klebrige Osterüberraschung

21. April 2019


Eine Geschichte von Annemarie Stern

Unser Kater Dicki und seine Freundin Lucy saßen auf der Mauer zum Nachbargrundstück. Die Sonne schien warm auf ihr Fell. Sie wurden von Bienen und Schmetterlingen umgaukelt, die Vögel sangen in den Zweigen. Von  dieser Mauer hatten sie den besten Überblick. Sie konnten gleichzeitig in drei Nachbargärten schauen. Auch jetzt am späten Abend hockten die Zwei noch auf der Mauer, die den Hohen Hof umgab.

Es war eine noch recht kühle, klare Nacht. Die Stille wurde durch das Kreischen der Gartentür des Nachbargrundstücks unterbrochen. „Na“, sagte Nachbar Krause, „dich muss ich wohl auch mal wieder ölen!“ Damit trat er in das Lampenlicht, das von der Straße über den Hof bis in den Nachbargarten schien. Er hatte eine große Kiste auf seiner rechten Schulter, die er mit der rechten Hand festhielt. In der linken Hand trug er eine prall gefüllte Tüte, die geheimnisvoll raschelte. Beides stellte er auf der Gartenbank ab. Dann machte er sich daran, die geheimnisvolle Kiste und die Tüte in einer Schubkarre auszupacken. Schmunzelnd sah er sich die bunt glitzernden Schätze in seiner Schubkarre an und sagte nur für sich: „Na dann will ich doch den Oster-hasen bei seiner schweren Arbeit   ein wenig unterstützen!“ Damit griff er in die Kiste und holte viele Nester heraus. Nester kannten Lucy und Dicki bisher nur von Hühnern. Darin brüteten sie immer ihre Küken aus! Das hatten sie bei ihrem Besuch bei Bläcky erfahren. Aber in diese Nester verteilte Nachbar Krause nun bunte Eier von verschiedener Größe, kleine Autos, Luftballons, einen kleinen Ball und noch verschiedene andere Sachen.

Erstaunt und leicht beunruhigt sahen Dicki und Lucy ihm dabei zu. Herr Krause hatte doch gar keine Hennen oder Hühner zum Ausbrüten der Eier! Wenn die Eier kalt würden, stürben doch die heranwachsenden Küken in den Eiern ab! Das wussten sie auch von Bläcky. Aber zum Glück stellte Herr Krause die Nester in die Buchsbaumhecke und an anderen geschützten Stellen ab. Nach getaner Arbeit setzte er sich auf seine Gartenbank und rauchte in aller Gemütsruhe noch ein Pfeifchen. 

Erst, als der fleißige Nachbar seinen Garten verlassen hatte, und die quietschende Gartentür verschlossen war, liefen die Beiden, nach allen Seiten witternd, in den Garten. Sie untersuchten alle Nester und Lucy sagte traurig zu Dicki: „Alle Küken werden sterben, wenn wir ihnen nicht helfen! Aber es sind so viele Eier und wir sind nur zu zweit! Wie wollen wir den armen Küken helfen? Fällt dir nichts ein, Dicki? Es muss vor allem schnell geschehen!“ „Ich habe eine Idee, Lucy! Wenn wir Glück haben, können wir alle großen, kleinen und auch die minikleinen Eier retten! Ich kenne einen Geheimgang, der in den Stall führt ohne dass wir über die Mauer klettern müssen!“ Immer wieder staunend hörte Lucy ihrem Dicki zu. Danach erklang ein Gerenne, Rascheln, Schieben, Keuchen und unterdrücktes Murren durch die Nacht zu dem erstaunten Mond empor. Die letzten Eier kugelte Dicki allein in den Stall zu seiner auf dem Nest sitzenden Lucy. Dicki hatte sein „Stall-Domizil“ als Nest zur Verfügung gestellt. Der Korb war groß genug. Lucy thronte wie eine stolze Eierkö-nigin auf den bunten Eiern. Die kleinsten und die minikleinen Eier deckte sie mit ihren Pfoten und mit ihrem Schwanz zu. „Bist du fertig, Dicki? Ich kann's kaum noch aushalten, ich will doch nicht auf die geretteten   Eier pullern! Kannst du sie wärmen? Wie lange müssen die Eier eigentlich ausgebrütet werden? Länger als  zwei Tage?“ „Weiß ich auch nicht so genau!“ Dicki und Lucy lösten sich beim Brüten ab. Erst, als kein Ei mehr unter Dicki hervorblitzte, lief Lucy davon.

Als sie zurückkam sagte sie zu Dicki: „Ach, ist das schön! Vielleicht laufen nun bald rote, grüne, lila, gelbe und blaue Küken und große, kleine und minikleine Küken in allen Farben auf dem Hohen Hof herum! Einige müsstest du mir aber dann  abgeben! Da würden sich ganz bestimmt auch Undine und Helmut freuen! „Klaro“, schnurrte Dicki. „Wir teilen die Kükenschar unter uns auf!“

Der Ostermorgen brachte richtiges Osterwetter mit. Undine und Anne suchten ihre Katzen. Es sollte auch für ihre Stubentiger ein üppiges Osterfrühstück geben. Aber sie waren wieder einmal unauffindbar. Anne machte sich auf die Suche. Schließlich war heute Ostern. Warum sollte sie nicht auch ihren Dicki suchen? Als sie den Stall betrat, sah sie die beiden Katzen friedlich in dem früheren Babykorb ihrer Kinder schlafen. Erst auf den zweiten Blick sah sie, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie lief zum Telefon, sagte zu Undine, dass sie die beiden Ausreißer gefunden hätte. Undine möchte so schnell es ihr möglich sei mit österlich eingepackten Süßigkeiten, ihrem Fotoapparat und mit Helmut zu ihnen kommen. Sie wären auf dem Hohen Hof. Undine ließ das Messer fallen, sprang auf, rief ihrem Helmut zu, er solle sich beeilen, irgendwas wäre mit den Katzen los. Sie suchte schnell alle bereits versteckten Ostersüßigkeiten wieder zusammen. Dann eilten Undine und Helmut auf den Hohen Hof. Dort warteten schon Anne und Walter.

Gemeinsam schlichen sie zum Stall. Aber die empfindlichen Nasen der Katzen hatten die Menschen  schon vorher gerochen, und ihr ausgezeichnetes Gehör hatte ihr leises Flüstern gehört. Als die Menschen den Stall betraten, kam ihnen Lucy bereits mit aufgestelltem, buschigen Schwanz, gesträubtem Fell und einem wütenden, furchterregenden Fauchen entgegen. Sie sah sehr merkwürdig aus. Goldene, rote und blaue Folien glänzten in ihrem Fell. Dicki hockte mit großen Augen auf den bunten, großen, mittelgroßen und minikleinen Eiern. Er wusste, seine Lucy war eine Kämpfernatur, sie würde ihn und die Eier bestens verteidigen. Aber warum lachten die Menschen sie aus? Sie stöhnten, lachten, sie hielten sich die Bäuche vor Lachen! Unerhört! Lucys Fauchen steigerte sich. Sie sprang ihr Frauchen an. Undine konnte nicht so schnell ausweichen und die geschmolzene Schokolade, die von Lucys Schwanz und den Pfoten tropfte, verzierte ihre weiße Bluse. Kreischend und immer noch heftig lachend sprangen die Menschen aus dem Stall. Lucy und Dicki rasten hinterher. Bei Dicki klebten inzwischen die bunten mittleren, die kleinen und die minikleinen Eier am Fell seines Bauches, auch am Schwanz. Mit vor Staunen gerunzelter Stirn sah Lucy entgeistert ihren Dicki an. Waren   das etwa Schokoladeneier? Schuldbewusst sahen Lucy und Dicki ihre Katzeneltern an. Dann leckten sie sich gegenseitig das Fell sauber und naschten dabei die geschmolzene Schokolade auf. Ihre Katzeneltern aber kletterten in Nachbars Garten, um die geplünderten Osternester wieder zu füllen. Zum Glück kamen die Enkelkinder erst am Nachmittag zu Oma und Opa in den Garten, um Ostereier zu suchen!

Lucy und Dicki aber waren jetzt doch ein wenig traurig, weil aus ihren ausgebrüteten Eiern nun keine bunten Küken schlüpfen würden!