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Titelbild 27a

Lucy & Dicki, Teil 27 – Eine Geschichte von Kathrin König aus Haldensleben

Nachtgespenster

Haldensleben, 14. April 2019


Eine Geschichte von Kathrin König

Die Katzeneltern von Lucy wollen übers Wochenende verreisen. Sie bringen Lucy mit ihrer Schlafdecke zu Anne und Walter. Es ist ein grauer, nasskalter Tag. Den Katzen gefällt es draußen nicht und sie kommen immer schnell wieder ins Haus. Lucy und Dicki schlafen die meiste Zeit auf ihren Decken. Anne hat schon länger das Gefühl, als ob Lucy und Dicki ihre Unterhaltungen verstehen. Sie und Walter wollen ein Experiment machen und dabei die Katzen genau beobachten. Sie werden sich einen Gruselfilm anschauen. Mal sehen, was dann passiert! Bekommen die Katzen alles mit? 

Abends machen es sich Anne und Walter auf der Couch gemütlich. Lucy und Dicki liegen dazwischen. Der Film „Frankenstein“ ist nichts für schwache Nerven und beide Katzen halten vor Angst oftmals die Luft an oder sich die Ohren zu. Lucy versteckt schließlich ihren Kopf unter Walters Arm und er streichelt sie mitleidig. Dicki kneift seine Augen zu, wenn er etwas nicht sehen will. Anne und Walter zwinkern sich amüsiert zu: „Diesen Horrorfilm mögen die beiden nicht!“ 
Nach dem Film erzählen sie sich noch Spukgeschichten: „Auf dem Friedhof geht es nicht mit rechten Dingen zu. Nachts spuken dort die Schattengeister umher. Man sollte auf keinen Fall bei Dunkelheit auf den Friedhof gehen.“ Anne und Walter gehen zu Bett und lassen Lucy und Dicki in der Küche allein. Beide fürchten sich nun vor den Schattengeistern, die bestimmt auch ins Haus kommen können. Die Katzen stehen vor der Schlafzimmertür und miauen ganz laut. „Das hast du nun von deinen Spukgeschichten! Jetzt wollen die Katzen nicht allein bleiben!“, meint Walter. Er steht auf und lässt sie herein. Lucy und Dicki verstecken sich unterm Bett. Walter holt die Schlafdecken aus der Küche und legt sie auf den Boden. „Heute Nacht dürft ihr mal hier schlafen!“, sagt er und zeigt auf ihre Decken. Lucy und Dicki warten, bis Anne und Walter fest schlafen. Nun schleichen beide in die Betten, legen sich ans Fußende und flüstern: „Hier traut sich kein Spuk herein!“  

Am nächsten Tag laufen Lucy und Dicki zum Schrottplatz zu Kater Arno. Er schaut seinem Katzenpapa zu, der an einem Fahrzeug baut. Lucy und Dicki erzählen ihm vom gestrigen Abend. Arno lacht über ihre Geschichten. „Es gibt keine Geister, sagt mein Katzenpapa immer und der muss es ja wissen! Dann wollen wir heute Abend mal auf den Friedhof gehen und den Schattengeistern das Fürchten lehren! Fragt Felix, ob er mit dabei ist!“ Lucy und Dicki gehen zu Felix. Er glaubt ebenfalls nicht an Geister und will am Abend mitkommen. 

Als es dunkel ist, treffen sich unsere vier Freunde an der Friedhofstür. Sie laufen bis zur alten Linde. Die vorbeiziehenden Wolken bedecken immer wieder den Vollmond und in der Dunkelheit sehen die Bäume und Gräber gespenstisch aus. Arno geht mutig voran und sagt zu seinen Freunden: „Es gibt keine Schattengeister! Oder habt ihr schon welche gesehen?“ Dann ruft er in Richtung der Gräber übermütig: „Wo seid ihr Geister?“ Stille umgibt sie. Ein dunkler Schatten fliegt lautlos über sie hinweg und setzt sich im Baum auf einen Ast. Lucy schreit vor Schreck auf. Die drei Kater beruhigen sie: „Es ist doch nur ein Vogel!“ Sie gehen weiter und sehen – oh Graus – bei zwei Gräbern Lichter flackern. Licht und Schatten wechseln sich ab. Sie sind mal heller und mal dunkler, als ob sie miteinander tanzen und auf neue Opfer warten. 
Lucy, Dicki, Felix und Arno starren mit weit aufgerissenen Augen und Mäulchen zu den Licht- und Schattengeistern. Sie bekommen auf einmal das Gefühl, als ob sie gleich von so einer fürchterlichen Spukgestalt gepackt werden. Im Lindenbaum ruft die schwarze Kreatur: „Kiewitt! Kiewitt! – Komm mit! Komm mit!“ Die vier Katzen sind so entsetzt und laufen schreiend vom Friedhof herunter. 
Sie sind so in Panik, dass sie fast mit Herrn Silbernagel und Falko zusammenstoßen. „Halt! Nicht so stürmisch! Was macht ihr auf dem Friedhof? Dort hat man im Dunkeln nichts mehr zu suchen!“ Die vier Katzen zittern vor Angst. Arno kann es nicht fassen, was er soeben gesehen hat. 'Es gibt also doch Gespenster!', denkt er. Herr Silbernagel ist ein großer Mann und er kann über die Friedhofsmauer schauen. Er kann sich nun denken, warum die Katzen so verstört sind. Sie haben die Grablichter flackern gesehen und gedacht, es wären Geister. „Ihr könnt mir glauben, es gibt keine Schattengeister, wie manche Menschen behaupten!“, sagt er zu ihnen. „Es sind Grablichter, die man auf die Gräber stellt. Aber trotzdem geht ihr nachts nicht wieder über den Friedhof! Das Käuzchen fängt nicht nur Mäuse!“, erklärt er ihnen. Herr Silbernagel und Falko gehen nach Hause.

Lucy, Dicki, Felix und Arno stehen noch eine Weile zusammen. „Ich habe euch doch gleich gesagt, dass es keine Geister gibt!“, brüstet sich Arno. Lucy wird böse und meint: „Du bist von uns am schnellsten gelaufen! Du hättest doch dort stehenbleiben können, denn du glaubst ja nicht an Geister!“ Harte Worte! Arno kratzt sich verlegen am Ohr und erwidert kleinlaut: „Ihr habt mich so erschreckt und seid sofort weggelaufen. Da bin ich eben mitgelaufen!“ Sie hören wieder das Käuzchen rufen: „Kiewitt! Kiewitt!“, und es ist ihnen unheimlich. Unsere vier Freunde wollen nur noch schnell weg von diesem grässlichen Ort und sie laufen nach Hause. 

Anne hat Katzenfutter auf Lucys und Dickis Teller getan und sie fressen nun ihr Abendessen. „Wollt ihr beide wieder Spukgeschichten hören? Heute Abend kommt 'Das Spukschloss im Spessart', da können wir uns zusammen wieder gruseln!“, meint Anne. „Gruselgeschichten? Nein Danke!“, sagen Lucy und Dicki. Sie gehen nach dem Fressen nach oben in die Diele. Dort steht noch Dickis alter Katzenkorb. Für zwei Katzen ist er ein bisschen eng, aber lieber so, als wieder Spukgeschichten sehen und hören. Sie quetschen sich beide in den Katzenkorb und schlafen dort ein. Sie hören auch nicht mehr das Telefon klingeln. Herr Silbernagel berichtet Anne, dass die Katzen in Panik vom Friedhof gelaufen kamen, weil sie das Flackern der Grablichter für Gespenster hielten. So sagt Anne zu Walter: „Siehst Du, ich habe recht! Die Katzen verstehen alles, was wir sagen!“ Er entgegnet: „Wie gut, dass sie nicht in unserer Sprache antworten können! Dann hätten wir oft endlose Diskussionen mit Lucy und Dicki!“ Anne und Walter finden das urkomisch und lachen darüber.