header-placeholder


image header
image
Online Katzen auf Mauer Haeuser1

Lucy & Dicki, Teil 26 – Eine Geschichte von Kathrin König aus Haldensleben

Die Schinken-Kunstausstellung

Haldensleben, 7. April 2019


Eine Geschichte von Kathrin König

Es ist früh am Morgen. Anne und Walter sitzen am Tisch und frühstücken. Dicki liegt ganz entspannt auf seiner Decke und hat alle vier Pfötchen von sich gestreckt. Frischer Kaffeeduft umweht seine Nase. Anne erzählt ihrem Walter, dass junge Leute im Nachbarort das alte Gutshaus ausgebaut haben und sie es für kulturelle Zwecke für die Allgemeinheit öffnen wollen. Neuerdings hängen Plakate aus. Sie laden zu einer außergewöhnlichen Schinken-Kunstausstellung ins Gutshaus ein. „Da gehen wir beide heute Abend hin!“, sagt Anne zu Walter. Dicki hat seinen Kopf angehoben und hört ganz genau zu, was sich seine Katzeneltern erzählen. Er denkt: „Eine Schinkenausstellung? Hm, wie lecker!“, und seine kleine Zunge fährt über sein Mäulchen. Dicki hatte mal eine Scheibe vom Küchentisch gemopst und sie unterm Tisch verspeist. Der Schinken schmeckte gut, aber er war den ganzen Tag nur durstig und musste ständig trinken. Er muss sofort zu Lucy. 

Dicki geht bei Lucy durch die Katzenklappe ins Haus und macht sie wach. Lucy macht erst einmal ihre morgendliche Katzenwäsche, ehe sie frühstückt. Nun hat auch Dicki Hunger bekommen und beide fressen den Teller leer. Lucy möchte wissen, warum Dicki so aufgeregt ist. „Komm mit zu Kater Arno, dann wirst du die Neuigkeit hören!“ Beide machen sich auf den Weg zum Schrottplatz.
Arno schläft noch und Lucy tippt ihn an. Als er die beiden sieht, setzt er sich hin und Dicki erzählt von der Schinkenausstellung im alten Gutshaus. Jetzt ist auch Arno ganz Ohr: „Eine Schinkenausstellung? Wisst ihr, was das bedeutet?“ Lucy und Dicki fragen: „Und was bedeutet das?“ Arno ist begeistert: „Das bedeutet 'Mäuse'! Wo Schinken ist, gibt es auch jede Menge Mäuse!“ Dicki ist überwältigt: „Ja, viele, viele Mäuse! Die können wir alle jagen!“ Lucy mag keine Mäuse: „Pfui Spinne! Die könnt ihr alleine fressen!“ Arno meint: „Wir brauchen einen Plan! Lasst mich jetzt mal nachdenken! Sagt den anderen Katzen Bescheid, wir treffen uns mittags in der alten Scheune.“ Lucy und Dicki machen sich auf den Rückweg. 

Mittags sind alle Katzen in der Feldscheune und warten gespannt, was Arno ihnen mitzuteilen hat. Dieser berichtet von der Schinkenausstellung und von einer unvergesslichen Mäusejagd. Sein Plan ist: „Heute Abend geht es los! Die Katzendamen müssen Schmiere stehen. Wenn jemand kommt, läutet Lucy mit der Glocke!“ Arno hängt Lucy ein Halsband mit einem Glöckchen um. Alle Katzen sind ganz aus dem Häuschen und sie stellen sich jede Menge Mäuse vor.

Am Abend laufen sie gemeinsam in den Nachbarort zum Gutshaus. Es folgt die Lagebesprechung. Arno, Dicki und Felix schleichen um das Gebäude und finden kein offenes Fenster, in das sie einsteigen könnten. Sie müssen mit den Menschen ins Haus gehen. Sie verstecken sich hinter den Blumenkübeln und schließen sich nacheinander den Gästen an. Sie laufen getrennt durch die Zimmer und wundern sich, dass die Menschen die Wände mit den bunten Bildern anstarren. Dicki findet zuerst den Essraum mit einem großen, voll gedeckten Tisch. Dicki läuft das Wasser im Mäulchen zusammen. Er kann nicht anders und springt auf einen Stuhl. So gelangt er auf den Tisch und geht vorsichtig zwischen Gläsern, Tellern, Besteck und Kunstobjekten zum ersten Schinken. Er schnuppert daran und stellt fest, dass er nicht nach Schinken riecht. Trotzdem beißt er in den Schinken, aber seine Zähnchen rutschen einfach ab. Er kann es nicht glauben! Vor ihm liegt der beste Schinken und er beißt gleich noch einmal hinein. Wieder rutschen seine Zähne ab. „Was ist das bloß?“ Dicki ist ganz ratlos! In diesem Moment kommen Anne und Walter zur Tür herein und sehen erschrocken Dicki auf dem kunstvoll gedeckten Tisch: „Dicki! Was machst du denn hier? Schnell runter vom Tisch, ehe dich jemand sieht!“ Es ist nicht nur ihr Dicki im Raum, es kommen auch all die anderen Katzen dazu und miauen durcheinander: „Wo sind die Mäuse?“ „Was ist denn hier los?“, fragen sich Anne und Walter. „Wie kommen denn unsere Dorfkatzen hierher?“ 



Eins steht fest, sie können nicht hier bleiben, sie müssen ohne viel Aufsehen wieder raus. Und das ist nicht ganz einfach, denn schon kommen die nächsten Gäste angestürmt, um sich die Kunstgegenstände auf der Tafel anzusehen. Anne zieht schnell noch die Tischdecke glatt und legt die Schinkenattrappe zurück auf den Teller. Die Gäste staunen, dass alles so naturgetreu aus Kunststoff hergestellt ist und dann noch die vielen Katzen dazu. Sie meinen: „Das ist eine gute Idee, die Kunst mit lebenden Tieren zu verbinden!“ Als die Gäste weiter durchs Haus gehen, macht Anne schnell eine Tür auf und schickt die Katzen in den Abstellraum: „Ich hole euch nachher ab!“, flüstert sie. Dicki, Felix, Arno und all die anderen Katzen schauen sich dort um. „Na, hier sind wir doch genau  richtig!“, sagt Arno. „Wir sind im Schlaraffenland – äh, in der Speisekammer! Und ich rieche auch Mäuse!“ Alle schnuppern und finden, Arno hat recht. Es gibt Mauselöcher und Mausefallen! „Achtung! Passt schön auf, wohin ihr tretet!“, ermahnt sie Felix. „Warum auf die Mäuse warten, wo es hier so viel zu Fressen gibt?“, findet Dicki. Die Kater beißen in die Brat-, Leber- sowie Rotwürste und es schmeckt ihnen fantastisch. Schon der Geruch allein ist himmlisch!  Sie fressen, bis nichts mehr hineinpasst. Wie gut, dass man ihr Schmatzen nicht durch die Kammertür hört.

Die Katzendamen stehen immer noch Schmiere. Sie wundern sich nur, dass sich kein Kater draußen sehen lässt. Sie fragen sich: „Was machen die bloß solange im Haus?“

Anne und Walter halten sich weiter im Gutshaus auf. Als endlich der Besucherstrom abnimmt, macht Anne die Tür zu der Kammer auf. Oh Schreck ...! Anne schlägt sich die Hände vor den Kopf! Sie dachte, es wäre ein Abstellraum, dabei ist es die Speisekammer! Auf dem Boden liegen die vollgefressenen Kater. Und wie das hier aussieht? Überall liegen Wurstreste! Anne und Walter sind geschockt! „Kommt mit! Jetzt geht es schnell nach Hause!“ Alle folgen ihnen gemächlich mit ihren dicken Bäuchen im Gänsemarsch hinterher. Anne und Walter holen ihre Fahrräder und sie rufen die Katzenbande zusammen. „Ihr lauft uns nach und wehe, es fehlt eine Katze! Bleibt also zusammen! Wer so viel fressen kann, der kann sich auch bewegen!“, sagt Anne streng. Walter fährt im Schritttempo vorneweg und Anne fährt ebenso langsam hinter den Katzen her, damit ja keine verloren geht. 

Im Heimatort gehen die Katzen nach Hause. Anne und Walter sind froh, dass die Gastgeber nichts bemerkt haben. Sie können nun über dieses ulkige Erlebnis laut lachen. Nach einer Weile plagt sie dann doch das schlechte Gewissen. Anne fährt am nächsten Tag zum Gutshaus und bedankt sich bei den  jungen Leuten für die beeindruckende Kunstausstellung und überreicht ihnen eine großzügige Spende. Ob die Gastgeber herausbekommen, wo für das Geld gedacht ist? Für die Kunst oder für das schlechte Gewissen – dem heimlichen Katzenfestmahl? - Und wie geht es den Katzen? Sie hatten mehrere Tage keinen Hunger. Aber nun schmeckt es ihnen wieder.