Experten diskutieren auf Kongress über die Überlastung
von Rettungsdiensten - Minister Spahn will Notfallversorgung neu ordnen
Koblenz (ots). Führende deutsche Notfallmediziner fordern
die flächendeckende Einführung von Erste-Hilfe-Unterricht und
Herz-Lungen-Wiederbelebung im Schulunterricht: "Wir müssen da beginnen, wo
man die Menschen noch prägen kann, nämlich in der Schule", sagte Professor
Dr. Rolf Rossaint, Präsident der "Deutschen Gesellschaft für
Anästhesiologie und Intensivmedizin" auf dem Notfallmedizinkongress
(DINK), der mit rund 1500 Teilnehmern in Koblenz statt fand.
Rechne man alle Kosten für den Unterricht zusammen und
teile man dies durch die Anzahl der Menschen, die durch helfende Schüler
wahrscheinlich gerettet werden könnten, komme man auf etwa 3000 Euro pro
Patient: Verglichen mit anderen Versorgungskosten im Gesundheitswesen, sei dies,
so Rossaint, ein "lächerlicher Betrag".
Eine andere Herausforderung sehen die Notfallmediziner in
der wachsenden Zahl an Rettungseinsätzen, die bewältigt werden müssen, in ganz
Deutschland rund 30.000 pro Tag: "Die hausärztliche Notfallversorgung ist
praktisch zusammengebrochen", machte der Präsident der "Deutschen
Gesellschaft für Unfallchirurgie", Professor Dr. Paul Grützner, in seiner
Rede auf dem DINK deutlich. Andere Bereiche wie der Rettungsdienst oder die
Notaufnahmen hätten die Folgen dieser Entwicklung zu tragen.
"Politik hat es verpasst, Rahmenbedingungen
anzupassen"
Über Jahre und Jahrzehnte habe die Politik es versäumt,
die Rahmenbedingungen an die sich rasant ändernden Verhältnisse anzupassen,
beklagte auch Professor Dr. Uwe Janssens, Präsident der "Deutschen
interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin" während
der Tagung.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war mit einer
Videobotschaft auf dem DINK vertreten. Via Leinwand kündigte er an, die
Notfallversorgung in Deutschland neuzugestalten, auch durch weitere Gesetze.
Ziel müsse es sein, dort, wo es im Moment "nicht so rund" läuft, eine
bessere Notfallversorgung zu organisieren. Spahn forderte die
notfallmedizinischen Experten auf, sich an der Diskussion und der Neuordnung zu
beteiligen.
Auf dem DINK stehen in diesem Jahr mehr als 20
Fachsitzungen mit über 50 Vorträgen auf dem Programm. Es geht unter anderem
auch um die Versorgung schwerverletzter Kinder, bei der die Eltern immer mit
einzubeziehen sind, um die Bedeutung von Herzinfarktzentren, in die Patienten
mit Brustschmerz gebracht werden sollten, und um das Erkennen
lebensgefährlicher Infektionen, die den ganzen Körper befallen.
Für seine Verdienste um die Notfallmedizin wurde der
Ulmer Bundeswehrarzt, Professor Dr. Matthias Helm, mit dem ersten
"Deutschen Notfallmedizin-Preis" ausgezeichnet. Seit Jahrzehnten
sorgt er für wertvolle Impulse im Rettungsdienst, beispielsweise mit Konzepten
zur Bewältigung von Einsätzen bei Terroranschlägen.
Text - Original-Content von: Deutsche Gesellschaft für
Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), übermittelt durch news aktuell