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Bundestag

Politik-News: Heute im Bundestag - Zeuge: Amri galt als schlimmer Finger

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do., 14. März 2019


01. Zeuge: Amri galt als schlimmer Finger

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Der spätere Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri ist bereits im Spätsommer 2015 in seiner Emmericher Flüchtlingsunterkunft als besonderer Problemfall bekannt gewesen. "Er galt bei uns als schlimmer Finger", sagte ein damaliger Betreuer am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss (Breitscheidplatz"). Der heute 65-jährige ausgebildete Speditionskaufmann Wilhelm Berg war seit dem 1. September 2015 in der Unterkunft an der Emmericher Tackenweide tätig. Zu diesem Zeitpunkt war Amri dort seit etwa zwei Wochen gemeldet. Er habe sich aber nur selten im Haus aufgehalten, sagte der Zeuge.

Seine eigene Rolle beschrieb Berg als die eines Beraters und Helfers der Bewohner. Er habe Formulare ausgefüllt, Wohnungsuchende unterstützt, alle 14 Tage Sozialhilfeschecks verteilt: "Im Endeffekt waren wir das Rundum-Betreuungspaket für die zahlreich erschienenen Asylanten." Bereits bei Dienstantritt an seinem allerersten Tag in der Unterkunft sei er von Vorgesetzten und Kollegen darauf aufmerksam gemacht worden, dass es Leute gebe, "die ein bisschen Stress machen, unter anderem auch unser Freund Amri".

Dabei sei allerdings zunächst nicht die Rede von radikalislamischen Neigungen gewesen, sondern von Eigentumsdelikten und der Benutzung verschiedener Alias-Identitäten. Die Betreuer hätten Weisung gehabt, auf Amri zu achten, wenn er im Haus war, und zu beobachten, "wie er sich verhält". Im Dienstzimmer habe eine Kopie seiner Meldebescheinigung mit Lichtbild gehangen, um die Identifizierung zu erleichtern. Auf dem Schreibtisch habe ein "Deckblatt" gelegen, auf dem verschiedenen Aliasnamen und mutmaßlichen Straftaten Amris vermerkt waren. Vergleichbare Vorkehrungen habe es in "keinem anderen Fall" gegeben, betonte der Zeuge. Es sei eine Ausnahme gewesen, dass die Mitarbeiter der Unterkunft "in der Form" für einen Bewohner "sensibilisiert" worden seien.

Er habe Amri in der Unterkunft allerdings höchstens fünf bis sechs Mal gesehen: "Eigentlich war sein Bett immer leer," sagte der Zeuge. Wenn er im Haus gewesen sei, habe er sich "sehr, sehr unauffällig" benommen. In der Regel sei er immer dann aufgetaucht, wenn es galt, einen Scheck abzuholen. Bei einer solchen Gelegenheit habe er Amri auch zum letzten Mal am 15. September 2016 gesehen. Obwohl bekannt gewesen sei, dass er unter mehreren Falschnamen unterwegs war, habe Amri immer sein Geld bekommen. Das Sozialamt habe regelmäßig so entschieden, wenn Mitarbeiter der Unterkunft Rückfragen stellten.

Erst im September 2016 habe Anis Amri als korrekter Name des Tunesiers offiziell festgestanden, sagte der Zeuge. Bis dahin war er den Betreuern in Emmerich als "Mohammed Hassa" und "Ahmed al Masri" geläufig. Allerdings habe sich im Nachhinein herausgestellt, dass viele Heimbewohner, insbesondere andere Tunesier, ihn von vornherein unter seinem richtigen Namen kannten. Im übrigen hätten die Behörden nicht einmal gewusst, "welche Staatsangehörigkeit unser Freund Amri hatte. Er wurde als Ägypter geführt, als Tunesier, als Marokkaner, das war ja sehr, sehr wechselhaft."

Der Zeuge bestätigte, dass mindestens drei Mitbewohner Amris sich über dessen radikalislamische Neigungen beschwert und sich deswegen an Kreisverwaltung und Polizei gewandt hätten. Er selbst habe zwischen Ende Januar und August 2016 drei bis vier Mal erlebt, dass sich Polizeidienststellen nach Amri erkundigten. Im Oktober und November habe die Polizei dann noch zweimal nach seinem Aufenthalt gefragt.


Foto: Bundesregierung / Bergmann