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dlrg rettet acht menschen vor dem ertrinken

DLRG Barometer: Mindestens 504 Todesfälle durch Ertrinken

Donnerstag, den 21. Februar 2019


Deutlich mehr Ertrunkene im langen Sommer


Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mindestens 504 Menschen ertrunken. 435 Männer und Frauen, das sind rund 86 Prozent der Opfer, verloren in Flüssen, Bächen, Seen und Kanälen ihr Leben. Diese Zahlen gab die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Donnerstag (21.2.) in Hamburg bekannt. "Hatten wir im vorherigen Jahr durch den per se ausgebliebenen Sommer verhältnismäßig geringe Ertrinkungszahlen, bewies das langanhaltende Sommerwetter nun, dass es leider auch anders gehen kann", beklagte Achim Wiese, Pressesprecher der größten Wasserrettungsorganisation der Welt.

Die meisten Todesfälle ereigneten sich an den ungesicherten Badestellen, vor allem im Binnenland. Dort kamen 435 Menschen ums Leben, das entspricht etwa 86 Prozent der Gesamtzahl. 161 starben in Flüssen, 233 in Seen und Teichen. "Binnengewässer führen leider noch immer die Ertrinkungsstatistiken an, denn sie werden in den seltensten Fällen von Rettungsschwimmern bewacht. Das Risiko, zu ertrinken, ist hier deutlich höher. Wir stehen Kommunen und Landkreisen weiterhin mit Gefahrenexpertise und Rettungsschwimmern zur Verfügung, man muss nur auf uns zukommen", erklärt Achim Haag, Präsident der DLRG. Ein schlichtes Badeverbotsschild halte die wenigsten davon ab, ins Wasser zu gehen. In Schwimmbädern fanden mit 29 Badegästen vergleichsweise wenige den nassen Tod.

Die Anzahl der Opfer ist 2018 insgesamt um 19,8 Prozent auf 504 gestiegen. Der Sommer im Jahr 2018 setzte bereits im April ein und ab da stiegen die Ertrinkungszahlen sukzessive an. Viele Menschen sehnten sich bei schönstem Wetter nach Abkühlung und gingen oft zu sorglos ins Wasser. Das beweisen allein die Monate Juni und Juli, in denen allein 212 Menschen im Wasser ums Leben kamen - 42 Prozent der Gesamtzahl. Andere Gründe sind erneut auch Alkoholmissbrauch und Selbstüberschätzung.

Die tödlichen Unfälle an Nord- und Ostsee haben sich im Vergleich zu 2017 um drei Fälle reduziert. An den Küsten zwischen Borkum und Usedom starben 25 Menschen (vier in der Nord- und 21 in der Ostsee), davon viele beim Segeln oder Angeln - "ein weiterer Indikator dafür, dass sich die ehrenamtliche Arbeit der Rettungsschwimmer auszahlt und dem Zentralen Wasserrettungsdienst Küste eine hervorragende Leistung bescheinigt", so Haag. Dahingegen ist die Zahl der Todesfälle in Schwimmbädern gestiegen. 2018 verzeichnete die DLRG-Statistik 29 (2017: 12) Opfer in Frei-, Hallen- und Naturbädern. In privaten Swimmingpools ertranken zwei Menschen.

Im Geschlechtervergleich liegt der Anteil der Frauen bei rund 18 Prozent, Männer bilden abermals die Risikogruppe. "Das lässt sich meist auf Leichtsinn, Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung zurückführen", so Pressesprecher Wiese.

Besonders vom Ertrinken betroffen sind nach wie vor Ältere. In der Altersklasse ab 55 Jahren ertranken 203 Menschen, das sind 40,3 Prozent der Gesamtzahl, im Vorjahr waren es noch 29,2 Prozent. Negativ sind auch die Ergebnisse bei den jungen Menschen ausgefallen. Elf Kinder im Grundschul- und 15 im Vorschulalter ertranken im Wasser.

Eine besondere Risikogruppe bilden weiterhin die Flüchtlinge. Im vergangenen Jahr ertranken 33 Asylsuchende, die so gut wie alle Nichtschwimmer waren. Die DLRG hat hier bereits gehandelt und die Baderegeln in über 25 Sprachen übersetzt: https://www.dlrg.de/informieren/regeln/uebersetzungen-baderegeln.html.

Wie in den Vorjahren ertranken die meisten Menschen in Bayern. Im Freistaat kamen 89 Personen ums Leben. Auf Rang zwei liegt Nordrhein-Westfalen mit 63, gefolgt von Niedersachsen (61) und Baden-Württemberg (62) sowie Hessen (36) und Mecklenburg-Vorpommern (31).

In der internationalen Statistik "Ertrinken je 100.000 Einwohner" schließt die Bundesrepublik Deutschland bei 82 Millionen Einwohnern mit dem sehr guten Wert von 0.61 ab. Damit liegt sie im weltweiten Vergleich mit England, den Niederlanden und Italien in der Spitzengruppe. Bei den Bundesländern rangiert Mecklenburg-Vorpommern mit 1.92 an letzter Stelle. Thüringen schließt mit sieben Opfern im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl mit 0.33 am besten ab. Es folgen Berlin (ebenfalls 0.33), Nordrhein-Westfalen (0.35) und Rheinland-Pfalz (0.54).

Petition für Bädererhalt

DLRG-Präsident Haag: "Hier ist vermutlich auch ein Zusammenhang mit der zurückgehenden Schwimmfähigkeit und den anhaltenden Bäderschließungen in Deutschland zu sehen." Seit Jahren kritisiert die DLRG immer wieder vehement die sich verschlechternden Rahmenbedingungen für die Schwimmausbildung. Immer mehr Schwimmbäder schließen oder werden in so genannte Spaßbäder umfunktioniert, in denen an Schwimmausbildung nicht mehr zu denken ist. In der Folge werden Wartezeiten für Schwimmkurse länger. "Wir müssen Bäder erhalten, Bäder bauen und nicht wegrationalisieren. Schließungen gehen zu Lasten der Wassersicherheit der Bevölkerung und bezahlbarer sozialer Angebote", mahnt Haag.

Die möglichen Folgen sind schon jetzt absehbar: Rund 60 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer. Bereits 25 Prozent der Grundschulen haben keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad - oder müssen zum Teil lange Wege auf sich nehmen. Vor diesem Hintergrund hat die DLRG unter dem Titel "Rettet die Bäder" eine bundesweite Online-Petition ins Leben gerufen, um auf das Thema aufmerksam zu machen und dem anhaltenden Negativtrend entgegenzuwirken. Mindestens 50.000 Unterschriften sind das Ziel, damit diese direkt an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags weitergereicht werden. 



Foto Quelle: "obs/DLRG - Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft/Sascha Walther, DLRG"