HIV bleibt bei Frauen oft lange unbemerkt. Gynäkologen
können viel zu einer frühen Diagnose und Behandlung beitragen. Die Deutsche AIDS-Hilfe
veröffentlicht einen Leitfaden für die Praxis.
Alle 11.000 frauenärztlichen Praxen in Deutschland
erhalten in diesen Tagen Post von der Deutschen AIDS-Hilfe. Inhalt: Die
Broschüre "HIV früh erkennen in der gynäkologischen Praxis". Der
Leitfaden soll Frauenärzt_innen dabei unterstützen, HIV zu thematisieren und im
richtigen Moment einen HIV-Test anzubieten. Die Broschüre ist Teil der Kampagne
"Kein Aids für alle - bis 2020!".
Das Anliegen ist dringlich: Von rund 700 jährlichen HIV-Diagnosen bei Frauen in Deutschland erfolgt jede dritte erst im Stadium Aids beziehungsweise wenn bereits ein schwerer Immundefekt eingetreten ist. Insgesamt erkranken in Deutschland jedes Jahr mehr als 1.000 Menschen, weil sie nichts von ihrer HIV-Infektion wissen und deswegen nicht behandelt werden können.
Oft haben diese Menschen vorher mit vielfältigen Symptomen, die auf einen Immundefekt hinweisen, verschiedene Arztpraxen aufgesucht, ohne dass ein HIV-Test durchgeführt wurde. Bereits im letzten Jahr hat die Deutsche AIDS-Hilfe darum eine Broschüre an alle hausärztlichen Praxen in Deutschland verschickt.
Präsident des Frauenärzteverbandes unterstützt die Aktion:
Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der
Frauenärzte, unterstützt die Aktion der Deutschen AIDS-Hilfe:
"Wir Gynäkologen können eine Schlüsselrolle
einnehmen, indem wir offen über sexuelle Gesundheit sprechen und herausfinden,
ob ein HIV-Test angebracht ist. Denn die große Mehrheit der Frauen kommt
regelmäßig zu uns, sei es für Vorsorgeuntersuchungen, in Sachen Verhütung oder
zur Familienplanung."
Frühe Diagnose ermöglicht Behandlung
Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, erklärt:
"Späte Diagnosen betreffen oft Menschen, bei denen
man nicht mit HIV rechnet. Gerade bei Frauen wird HIV häufig lange übersehen,
wenn sie zu keiner besonders stark von HIV betroffenen Gruppe gehören. Das hat
verschiedene Gründe: HIV ist im Praxisalltag selten. Die Symptome einer
HIV-Infektion können auch andere Ursachen haben. Das Gespräch über Sexualität
kann heikel sein. Wir brauchen die fachärztliche Unterstützung, damit in
Zukunft niemand mehr an Aids erkrankt. Eine frühe Diagnose ermöglicht eine
optimale Behandlung."
Dr. Annette Haberl vom HIVCENTER des
Universitätsklinikums Frankfurt hat die Broschüre mitentwickelt. Sie betont:
"Die Kolleginnen und Kollegen in der Gynäkologie
sind die Profis, wenn es um sexuell übertragbare Infektionen bei Frauen geht.
So ist der HIV-Test im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge ein wichtiger
Standard. Außerhalb der Familienplanung kommt das Thema HIV allerdings oft noch
zu kurz. Manchmal wird so die Chance für eine frühe Diagnose verpasst. An
diesem Punkt setzen wir an: Hier geben Fachleute Tipps für Fachleute."
Tipps für Diagnostik und Gesprächsführung
Die Broschüre rückt HIV als mögliche Krankheitsursache
ins Bewusstsein und informiert pointiert über:
- Symptome
frischer und verschleppter HIV-Infektionen
-
Gesprächsführung in der Anamnese und vor dem HIV-Test
- Mitteilung der
HIV-Diagnose
- Fragen zu HIV
und Schwangerschaft
-
HIV-Testverfahren und ihr Einsatz
- Abrechnung
außerhalb des Laborbudgets
Gemacht von Gynäkologie- und HIV-Spezialist_innen
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat den Leitfaden in
Zusammenarbeit mit Gynäkolog_innen und HIV-Spezialist_innen entwickelt. Sie
greift dabei auf umfassende Erfahrungen aus dem Fortbildungsangebot "Let's
talk about Sex" zurück, das in Kooperation mit der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung und den zuständigen Fachgesellschaften durchgeführt
und vom Verband der Privaten Krankenversicherung finanziert wird. Die Broschüre
wurde finanziell unterstützt durch den MAC AIDS Fund. Druck und Versand wurden
von der Firma MSD ermöglicht.
Aids ist heute vermeidbar:
Mit der Kampagne "Kein Aids für alle!" arbeitet
die Deutsche AIDS-Hilfe darauf hin, dass in Deutschland im Jahr 2020 kein
Mensch mehr an Aids erkranken muss.
Zurzeit leben mehr als 11.000 Menschen unwissentlich mit
HIV - also mit der Gefahr einer vermeidbaren schweren Erkrankung. Wenn die
Infektion hingegen rechtzeitig diagnostiziert und behandelt wird, können
Menschen mit HIV heute alt werden und leben wie alle anderen. HIV ist unter
einer gut wirksamen Therapie auch nicht mehr übertragbar.
Mehr Informationen:
Die Broschüre zum Download / Bestellmöglichkeit: http://ots.de/iqdbkD
Text und Foto: Deutsche AIDS-Hilfe