Die Unruhe zu beherrschen
Von
Uta Luise Zimmermann-Krause
Sitz still und hör zu! Wie oft ist eine Ermahnung dieser Art zu
hören, die, allzu oft ausgesprochen, das Kind abstumpfen lässt. Es tut sich ein
Teufelskreis auf, dem nur schwer zu entkommen ist. Die Autorin Amrei Wittwer hat viele Jahre zu ADHS
im Rahmen eines Forschungsprojekts am Collegium Helveticum an der Universität
in Zürich geforscht. In ihrem Buch „Warum
ADHS keine Krankheit ist. Eine Streitschrift“, erschienen im S. Hirzel Verlag, ergänzt Wittwer Ihre
Erkenntnisse mit Zitaten von Kindern, Eltern, Lehrern, Psychologen sowie
Forschern und diskutiert alternative Behandlungsmethoden. Die Behandlung von
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung) mit Medikamenten scheint
wohl ersetzbar zu sein durch alternative Behandlungsmethoden im Lebensumfeld.
Sozial störendes Verhalten tritt etwa bei jedem vierten Kind in einigen
europäischen Ländern auf. Die Kinder stehen im Dauerkonflikt mit Eltern und
Lehrern. Doch diese Symptome sollten nicht mit Psychostimulanzien wie Ritalin unterdrückt
werden. Die Apothekerin zeigt Alternativen auf, die den Kindern mit
diagnostiziertem ADHS helfen könnten, denn die Gabe von Psychopharmaka lässt
die jungen Patienten lediglich abstumpfen und unterdrückt ihre Impulse.
Schulische Leistungsfähigkeit und Konzentration werden nicht verbessert.
Medikamentöse Behandlung weist Nebenwirkungen auf, zu denen auch die Toxizität
für Nervenzellen zählt, die letztlich zur Vergiftung der Psyche führt. In ihrer
Streitschrift erläutert Wittwer, dass ADHS nicht auf organischen Ursachen
beruht. Demzufolge wird vorgeschlagen, die häuslichen und schulischen
Lebensumstände zu ändern. Dazu gehören Schulungen, die Eltern und Lehrern
angeboten werden. Da es sich um eine pädagogische Problemstellung handelt,
werden pädagogische Lösungen gefordert. Schulische Musiktherapie und das
Erlernen eines Instruments oder das Erlernen von Meditation und andere
Achtsamkeitspraktiken sowie Teilnahme an Sportstunden werden empfohlen, die
Hyperaktivität Betroffener zu reduzieren. Diese Vorgehensweise der Zuwendung
ist allemal zeit- und arbeitsaufwendiger als die schnelle Gabe von
Medikamenten, um die schulische Leistung zu verbessern. Und die Suchtgefahr
sollte nicht unterschätzt werden, denn damit tut man keinem Betroffenen etwas
Gutes. Die Risikofaktoren für ADHS sind nicht im „kranken“ Körper des Kindes zu
finden, sondern in seinem Lebensumfeld. Hier muss Grundlegendes geprüft und
geändert werden: psychischer Stress, unpassende Erziehungsmethoden, Armut,
Mangelernährung, Fehlsichtigkeit, Aggression. Das
allgemeinverständlich-wissenschaftliche Sachbuch „Warum ADHS keine Krankheit
ist. Eine Streitschrift“ richtet sich insbesondere an Fachpersonal aus den Bereichen Bildung, Medizin und Psychologie aber auch an
Familien und interessierte Laien. Ziel des Buches ist es nicht, eine
fachmedizinische Diagnose zu ersetzen. Vielmehr informiert die Autorin über den
aktuellen Forschungsstand und ruft dazu auf, bisherige Behandlungsmethoden zu
hinterfragen.
Warum ADHS keine Krankheit ist -
Eine Streitschrift,
310 Seiten, Broschur,
S. Hirzel Verlag, 2019,
ISBN: 978-3-7776-2761-8
Preis: € 29,00