Magdeburg, den 27. Dezember 2018
Land muss Tarifbindung stärken
Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro. Für den DGB in
Sachsen-Anhalt ist dies ein Anlass, die Beschäftigten- und Lohnentwicklung seit Einführung
des Mindestlohnes in den Blick zu nehmen.
DGB-Landesleiterin Susanne Wiedemeyer: „Vier Jahre nach seiner Einführung ziehen wir
eine positive Bilanz: Der gesetzliche Mindestlohn hat für viele Beschäftigte mehr Lohn gebracht. Entgegen den Unkenrufen von Arbeitgebern und Wirtschaftsforschern ist die Beschäftigung nicht gesunken. Im Gegenteil; die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
ist heute auf einem Höchststand. Der Mindestlohn hat den privaten Konsum angekurbelt
und so zum aktuellen Aufschwung beigetragen.“
Dennoch sieht Wiedemeyer Verbesserungsbedarf: „Das Land muss seine Verantwortung als
großer Auftraggeber ernst nehmen und endlich dafür sorgen, dass er seine Aufträge nur
noch an tarifgebundene Unternehmen vergibt. Das wäre ein erster Schritt hin zu mehr Qualität und Lohngerechtigkeit. Dafür muss das Vergabegesetz zügig angepasst werden.“
„Der gesetzliche Mindestlohn ist als unterste Haltelinie heute für viele Beschäftigte nicht
existenzsichernd. Er muss mittelfristig steigen und armutsfest sein“, stellt Wiedemeyer klar.
„Nach wie vor werden viele Beschäftigte um den Mindestlohn betrogen, deshalb muss
mehr kontrolliert werden. Die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit braucht mehr Personal und muss verstärkt verdachtsunabhängig Stichproben machen können. Wer Gesetze
nicht wirkungsvoll kontrolliert, schafft Schlupflöcher und verspielt Glaubwürdigkeit.“
Beschäftigten- und Verdienstentwicklung in Sachsen-Anhalt im Detail:
Eine aktuelle DGB-Auswertung neuer Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur für Arbeit belegt ein Lohn-Plus von 14,4 Prozent seit Einführung des
Mindestlohnes für die Beschäftigten (zumeist Un- und Angelernte) in Sachsen-Anhalt.
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Sachsen-Anhalt verzeichnet
einen Anstieg von 5,1 Prozent (Stand: September 2018). Die höchsten Zuwachsraten
bei sozialversicherungspflichtiger Teilzeit- und Vollzeit-Beschäftigung (ohne Minijobber) hatten das Gastgewerbe mit 17,5 Prozent, der Bereich Verkehr und Lagerei mit 14,7
Prozent und der Bereich Heim- und Sozialwesen mit 13,1 Prozent. Regional war der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Burgenlandkreis mit 6,2 Prozent
am höchsten.
Die wenig perspektivreichen und Altersarmut provozierenden Minijobs (hier: ausschließlich geringfügige Beschäftigung) sind in Sachsen-Anhalt mit -15,6 Prozent bundesweit am
stärksten zurückgegangen (bundesweit: -7,1 Prozent, Ost: -10,2 Prozent). Rund die Hälfte
der ausschließlich geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wurde in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt.