Daten zur Lebensqualität in 15 Ländern ermittelt
Berlin. Um die
Lebensqualität von onkologischen Patientinnen und Patienten zu messen, wird
weltweit der sogenannte EORTC-Fragebogen eingesetzt. Damit dessen Ergebnisse
besser interpretiert werden können, hat eine Forschungsgruppe der Charité –
Universitätsmedizin Berlin erstmals zum Vergleich die Lebensqualität der
Allgemeinbevölkerung in 15 verschiedenen Ländern ermittelt. Die Daten verbessern
die Aussagekraft des Fragebogens und geben Hinweise auf regionale Unterschiede
im Wohlbefinden. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse jetzt in der
Fachzeitschrift European
Journal of Cancer*.
Hatten Sie in der vergangenen Woche Schmerzen?
Waren Sie müde? Haben Sie sich Sorgen gemacht? Fragen wie diese werden weltweit
dafür genutzt, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Krebspatientinnen
und Krebspatienten einzuschätzen. Sie stehen auf dem Fragebogen „QLQ-C30“ der
European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC), der vor
über 25 Jahren entwickelt wurde. Angewendet wird er beispielsweise in
klinischen Studien. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wollen so
herausfinden, wie sich eine Therapie auf das Wohlbefinden der Betroffenen auswirkt.
Die Ergebnisse können zum Beispiel Hinweise auf die Effektivität einer
Behandlung geben oder eine Entscheidungsgrundlage für oder gegen die Zulassung
neuer Therapeutika liefern.
Die Ergebnisse von Fragebögen zur Lebensqualität
sind allerdings oft nur bedingt aussagekräftig. Was häufig fehlt, sind
sogenannte Normdaten, die die ermittelte Lebensqualität der Patientinnen und
Patienten mit jener der Allgemeinbevölkerung vergleichbar machen. Diese Daten
haben Forschende der Charité jetzt im Auftrag der Quality of Life Group der
EORTC erhoben. Per Onlinebefragung hat das Panelforschungsinstitut GfK dazu
Informationen zur Lebensqualität von mehr als 15.000 Personen aus 11 Ländern
der EU sowie Russland, Kanada, der USA und der Türkei gesammelt. Die Daten der
11 EU-Länder sind dabei die Grundlage für die Definition der „Europäischen Norm
für den QLQ-C30“, während die anderen vier Länder zum Vergleich herangezogen
werden können.
„Mit den neu ermittelten Normwerten lassen sich
die Angaben der Krebskranken zu ihrem Wohlbefinden nun deutlich besser
interpretieren“, sagt Dr. Sandra Nolte von der Medizinischen Klinik mit
Schwerpunkt Psychosomatik und Leiterin der Studie. „Zwar gab es bereits für
einige Länder Normdaten. Diese wurden jedoch in der Regel mit unterschiedlichen
Befragungsmethoden ermittelt, sodass sie für multinationale Studien nicht
verwendbar waren. Wir haben erstmals in allen Ländern dasselbe
Erhebungsverfahren angewendet, was den multinationalen Vergleich von Daten nun
wesentlich zuverlässiger macht. Davon werden Forschungsteams weltweit
profitieren – und letztendlich auch die Patientinnen und Patienten“, erklärt
Dr. Nolte.
Ein überraschendes Nebenergebnis der Studie
betrifft die Unterschiede im Wohlbefinden der Allgemeinbevölkerung der untersuchten
Länder: Während die unter den Deutschen ermittelte Lebensqualität im Mittelfeld
lag, gaben die Befragten in Österreich und den Niederlanden die höchsten Werte
an. Menschen aus Polen, Russland, der Türkei, Großbritannien und den USA
hingegen nannten in der Regel deutlich niedrigere Werte in sämtlichen Bereichen
ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität. So schätzten sie beispielsweise ihre
körperliche und emotionale Verfassung schlechter ein oder berichteten vermehrt
über Erschöpfung oder finanzielle Nöte im Vergleich zu Befragten aus Österreich
oder den Niederlanden. „Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, bei
länderspezifischen Studien die Normwerte des jeweiligen Landes heranzuziehen“,
betont Dr. Nolte. „Denn es macht einen Unterschied, ob eine Krebspatientin aus
Russland oder aus Spanien kommt, wenn sie angibt, erschöpft zu sein: In
Russland gibt die Allgemeinbevölkerung eine deutlich stärkere Erschöpfung an
als in Spanien. Für 15 Länder haben wir nun diese Normdaten, die sowohl
länderspezifische als auch länderübergreifende Vergleiche ermöglichen.“
Quelle: Charité Berlin