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Gefahr aus der Wüste: Mutationen machen MERS-Virus resistenter gegen die Abwehrkräfte des Immunsystems

Sonntag, den 25. November 2018


Was bei Dromedaren nur einen harmlosen Schnupfen hervorruft, kann für den Menschen tödlich enden: Eine Infektion mit MERS-Viren. Zwar ist seit der Entdeckung des Virus im Jahr 2012 erst bei rund 2000 Patienten eine Infektion nachgewiesen worden, allerdings haben 36 Prozent die schwere Lungenkrankheit MERS nicht überlebt. Bislang haben sich die Patienten meist bei Dromedaren auf der Arabischen Halbinsel angesteckt, eine Übertragung von Mensch zu Mensch kam eher selten vor. Dies könnte sich jedoch ändern, da das Virus mutiert. Ein Wissenschaftlerteam um Stefan Pöhlmann, Hannah Kleine-Weber und Markus Hoffmann vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen hat Virus-Mutationen untersucht und festgestellt, dass sie das Virus resistenter gegen die Abwehrkräfte der Patienten machen. Die Untersuchung von Mutationen ist essentiell, um die Gefahr einer weltweiten Ausbreitung (Pandemie) einer neuen Virus-Variante einschätzen zu können. Damit dient das MERS-Virus als Blaupause für andere zoonotische Viren, die von Tieren auf den Mensch übertragen werden können (Journal of Virology).

Das MERS-Virus gehört ebenso wie das gefürchtete SARS-Virus und mehrere meist harmlose Erkältungsviren zu den Coronaviren. Einige Coronaviren infizieren verschiedene Spezies und können von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Das MERS-Virus führt bei Dromedaren nur zu einer milden Erkältung. Menschen, die sich mit dem MERS-Virus infizieren, entwickeln dagegen eine gefährliche Atemwegserkrankung, das Middle East Respiratory Syndrome, kurz MERS, die häufig zum Tod führt. Die Erkrankung tritt vor allem auf der Arabischen Halbinsel auf, wo sich Menschen bei Dromedaren anstecken, die zur Nahrungsgewinnung und für den Rennsport gehalten werden. Das Potenzial des Virus, sich weltweit auszubreiten, wurde im Jahr 2015 deutlich. Die Einreise einer mit dem MERS-Virus infizierten Person, die zuvor die Arabische Halbinsel bereist hatte, führte zu 186 Folgeinfektionen, 38 infizierte Personen verstarben.

Virus-Mutationen

Beim MERS-Ausbruch in Südkorea wurde eine zuvor unbekannte Virus-Mutation entdeckt, die dazu führt, dass das Virus schlechter in Wirtszellen eindringen kann. Dieser Prozess ist jedoch für die Vermehrung des Virus im Körper notwendig, die Mutation also vermeintlich negativ für das Virus. Eine Mutation hätte sich aber nicht durchsetzen können, wenn sie nicht auch positive Effekte für das Virus beinhalten würde. Stefan Pöhlmann, Hannah Kleine-Weber und Markus Hoffmann vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen haben sich auf die Suche nach diesem Effekt gemacht. Sie haben herausgefunden, dass die Mutation das MERS-Virus resistenter gegen Antikörper macht, welche vom Körper infolge der MERS-Infektion gebildet werden. „In Südkorea ist eine mutierte MERS-Variante aufgetreten, die einen verstärken Schutz gegen die Antikörperantwort aufweist. Dieser Befund zeigt, dass der geplante Einsatz von Antikörpern zur MERS-Therapie zur Entstehung von resistenten Viren führen könnte“, sagt Hannah Kleine-Weber, die Hauptautorin der Studie.

Pandemie-Potential

MERS-Viren mutieren und eine der nächsten Veränderungen könnte dazu führen, dass die Viren leichter von Mensch zu Mensch übertragen werden. Ein infizierter Reisender könnte dann eine Infektionskette auslösen, die zu einer Pandemie führt. „Wir müssen Systeme entwickeln, mit deren Hilfe wir vorhersagen können, ob eine neu auftretende Mutation eine Auswirkung auf die Übertragbarkeit des Virus hat, also ob ein erhöhtes pandemisches Potential vorliegt“, sagt Markus Hoffmann. Es geht beim MERS-Virus ebenso wie bei anderen Viren mit Pandemie-Potential um eine Risikoabschätzung. „Unsere Studie wurde in dem vom BMBF geförderten Forschungsverbund RAPID durchgeführt, bei dem es darum geht, das Gefährdungspotential von neuen MERS-Virus-Varianten abzuschätzen und Empfehlungen abzugeben in Bezug auf Diagnostik, Impfstoffe und Verhaltensweisen“, sagt Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am DPZ.


Foto: Sollte die Übertragung von Mensch zu Mensch durch Mutationen des Virus effizienter werden, droht eine MERS-Pandemie. Abbildung: Copy Markus Hoffmann