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Magdeburg: Forscher diskutieren über den „Kompass im Kopf“

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)


Magdeburg, 19. November 2018. Der Orientierungssinn ist eine der wichtigsten Fähigkeiten des Menschen. Wie dieses Navigationssystem funktioniert und sich im Alter oder durch Demenz verändert, darüber diskutieren in Magdeburg vom 27. bis 29. November 2018 rund 70 Fachleute aus Europa, Kanada und den USA. Veranstalter der Tagung ist das DZNE.

Weltweit ist diese interdisziplinäre Konferenz die einzige, die sich gezielt mit den altersbedingten Veränderungen des Orientierungssinnes befasst. Schon die erste Tagung vor zwei Jahren war ein großer Erfolg, und auch diesmal haben sich hochkarätige Referenten aus Europa und Nordamerika angekündigt“, sagt Prof. Thomas Wolbers, Arbeitsgruppenleiter am DZNE und einer der Organisatoren der Konferenz. „In Magdeburg werden jüngste Forschungsergebnisse vorgestellt, und wir werden über Strategien diskutieren, um die räumliche Orientierungsfähigkeit im Alter möglichst lange aufrechtzuerhalten.“

Kompass im Kopf

Räumliche Orientierung erscheint oft einfach und selbstverständlich, denn sie geschieht in der Regel völlig unbewusst. Doch tatsächlich handelt es sich um eine geistige Höchstleistung, für die das Gehirn eine Flut von Informationen verarbeiten muss. Dabei spielen spezielle Neurone wie die „Platz-Zellen“ (place cells) und „Gitter-Zellen“ (grid cells) – für deren Entdeckung 2014 der Nobelpreis verliehen wurde - eine entscheidende Rolle: Sie bilden ein Navigationssystem, das hilft, unsere Position zu bestimmen und uns durch den Raum zu leiten. „Im Alter kann das Orientierungsvermögen allerdings deutlich nachlassen. Ältere Menschen haben oft Schwierigkeiten, sich in neuen Umgebungen zurechtzufinden. Sie neigen dazu sich zu verlaufen, was ungünstige Auswirkungen auf ihre Mobilität, ihre Eigenständigkeit und damit auf ihre allgemeine Lebensqualität haben kann“, so Wolbers.

Zusätzlich kann eine Demenz die räumliche Wahrnehmung beeinträchtigen. „Orientierungsstörungen gelten als mögliches Frühzeichen für Alzheimer“, sagt Wolbers. „Ein Ziel aktueller Forschungen ist daher, alterstypische Orientierungsprobleme von krankheitsbedingten Störungen unterscheiden zu können. Auf dieser Grundlage könnten möglicherweise neue Methoden zur Früherkennung von Demenz entwickelt werden.“

Breites Themenspektrum

Das Zusammenspiel verschiedener Forschungsansätze ist ein Schlüssel wissenschaftlichen Fortschritts. Die Tagung wird daher ein weites Spektrum an Themen behandeln. Dieses reicht von Untersuchungen des Gehirns mittels bildgebender Verfahren bis hin zur Erforschung der räumlichen Orientierung per Online-Spiel oder virtueller Realität. Unter den Referenten findet sich beispielsweise Prof. Carol Barnes (University of Arizona, USA). Sie erlangte internationale Anerkennung durch ihre Forschung zu altersbedingten Hirnveränderungen und deren Auswirkungen auf das räumliche Gedächtnis. Zu den Teilnehmern der Tagung gehört auch Prof. Michael Hornberger (University of East Anglia, UK). Hornberger ist einer der Entwickler von „Sea Hero Quest“, einem Spiel für Smartphones und Tablets, mit dem sich die Orientierungsfähigkeit testen lässt. Weltweit haben bereits mehrere Millionen Menschen an diesem Spiel teilgenommen. Prof. Scott Moffat (Georgia Institute of Technology, USA) wird über Studien sprechen, die sich virtueller Realität bedienen. Prof. Sylvain Williams (McGill University, Kanada) erläutert, wie sich Erinnerungen durch Schlaf verfestigen, und Prof. Pierre Lavenex (Université de Lausanne, Schweiz) spricht über das Gedächtnis im Alter. Organisiert wird die Tagung von Prof. Thomas Wolbers und Mitgliedern seiner Arbeitsgruppe „Altern und Kognition” sowie von Dr. Motoharu Yoshida, Leiter der Forschergruppe „Kognitive Neurophysiologie” am DZNE in Magdeburg.



Foto: Quelle Pixabay