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BGA: Steigende Nervosität belastet Welthandel und Weltwirtschaft

BGA Bundesverb. Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. - Berlin (ots) - 17. Oktober 2018



- Eigene Mauern hochziehen ist für Außenhandel keine Option


- Hoffen auf Durchbruch in Brexit-Verhandlungen



"Zehn Jahre nach der Finanzkrise stehen wir heute vor einer globalen handelspolitischen Krise - einem massiven Angriff auf die regelgebundene Welthandelsordnung. In dieses Chaos dürfen wir uns nicht hineinziehen lassen. Vielmehr gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und Kurs zu halten." 

Dies erklärt Dr. Holger Bingmann (Foto), Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V., heute in Berlin anlässlich der Herbstpressekonferenz des Verbandes zur Entwicklung des deutschen Außenhandels.


Wachstumstempo lässt nach

"Während sich der deutsche Außenhandel im ersten Halbjahr wacker geschlagen hat, hat im Hintergrund der Rückgang bei den ausländischen Auftragseingängen eindeutig die Wende eingeläutet. Somit zeichnet sich ab, dass wir das Wachstumstempo im Außenhandel in der zweiten Jahreshälfte nicht halten können", so Bingmann.

Vor diesem Hintergrund senkt der BGA seine Wachstumsprognose für die deutschen Exporte im laufenden Jahr auf 3,5 Prozent. "Einem ganzen Bündel mehr oder weniger großer Risiken stehen nur wenige Impulse für neues Wachstum gegenüber", warnte der BGA-Präsident. Neben der Aushöhlung der internationalen Wirtschaftsordnung durch die USA verwies er auf geopolitische Risiken und den hohen Verschuldungsgrad, insbesondere zahlreicher Schwellenländer, aber beispielsweise auch Italiens, die finanziell verwundbar seien.

Derweil stiegen die gesamten Exporte in den ersten sechs Monaten um vier Prozent auf 663 Milliarden Euro. Besonders erfreulich war dabei die Entwicklung bei den Exporten in die EU-Länder: Fast fünf Prozent mehr deutsche Waren (+4,8% auf 459,1 Milliarden Euro) gingen ins EU-Ausland. Zugleich sind die Schatten des Brexit nicht mehr zu übersehen: Allein im ersten Halbjahr sanken unsere Exporte in das Vereinigte Königreich um fast drei Prozent (-2,7%) auf 42,1 Milliarden Euro.

Auch im US-Geschäft hinterlässt der von Präsident Trump begonnene Handelsstreit Spuren. Die Ausfuhren in die USA sind nur um knapp ein Prozent (auf 56,1 Milliarden Euro) gewachsen. Hingegen stiegen die Ausfuhren nach China um zehn Prozent auf 53,3 Milliarden Euro. Unterm Strich bleiben die USA mit 56 Prozent wichtigster Handelspartner im Export. Beim gesamten Handelsvolumen belegt die Volksrepublik China mit fast 50 Prozent den ersten Platz. Friktionen im internationalen Handel zwischen unserem wichtigsten Handelspartner China und unserem wichtigsten Absatzmarkt USA würden uns unzweifelhaft massiv treffen, warnte der BGA-Präsident.


WTO-Reform muss Missstände ansprechen

Hauptaugenmerk gilt derzeit dem bevorstehenden Brexit sowie der nun seit fast zwei Jahren schrittweisen Aushöhlung und den anhaltenden Angriffen auf die Welthandelsordnung. "Eigene Mauern hochzuziehen ist angesichts dessen, dass 90 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums in den nächsten zehn bis 15 Jahren außerhalb der EU stattfinden, keine Option", mahnte Bingmann und begrüßte, wie sehr sich die Bundesregierung derzeit zusammen mit unseren europäischen Nachbarn im Rahmen der G20 für die Stabilisierung und den Erhalt des multilateralen Handelssystems einsetze.

Eine Reform der WTO müsse auch Missstände ansprechen, die durch ungerechtfertigte Subventionen und durch einen mangelnden Schutz von geistigem Eigentum entstehen. Ein Großteil von Amerikas Zorn diesbezüglich gegen China sei nicht unberechtigt. Doch einseitig verhängte "Strafzölle" seien der falsche Weg, der sich infolge der fortgeschrittenen, internationalen Arbeitsteilung disruptiv auf Lieferketten in der ganzen Welt auswirke.

Gerade im Handelskonflikt mit den USA offenbare sich, welch schützende Wirkung die EU für ihre Mitglieder zu bieten habe. Der Brexit sei in dieser Zeit ein folgenschwerer, katastrophaler Schritt.


Harter Brexit als Worst-Case

"Die Lage ist ernst, die Verhandlungen haben den kritischen Zeitpunkt längst überschritten und stecken in einer Sackgasse fest. Die Staats- und Regierungschefs, die sich heute in Brüssel zum EU-Gipfel treffen, müssen nun endlich eine Lösung herbeiführen. Dies ist nun zentrale Aufgabe der gesamten EU und ihrer Institutionen. Es besteht die reale Gefahr, dass am Ende ein von beiden Seiten ungewollter, vertragsloser Austritt steht, der für Briten und Europäer schwerwiegende Folgen hätte. Bei einem solchen 'harten Brexit' - ohne Freihandelsabkommen - drohen deutschen Unternehmen Kosten in Milliardenhöhe.

"Eine Einigung darf aber nicht um jeden Preis erzielt werden. Für uns Groß- und Außenhändler steht nach wie vor die Integrität des Binnenmarkts an erster Stelle. Kein einzelnes europäisches Land kann auf der internationalen Bühne auch nur annähernd so viel Einfluss haben wie die EU als Ganzes. Und dennoch sollte man gemeinsam auch die zur Verfügung stehende Flexibilität auf beiden Seiten nutzen. Auch die EU sollte nicht so hart verhandeln, dass das Band zwischen ihr und England auf Dauer zerschnitten bleibt - damit dessen und unsere Enkel über einen Wiedereinzug in das europäische Haus miteinander sprechen können", so Bingmann abschließend.