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Menschenrechtsbeauftragte Kofler zu den jüngsten Urteilen in Ägypten

10. September 2018


Zu den Urteilen im Verfahren zur Auflösung des Raba’a-Protestcamps erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, heute (10.09.):


" Ich bin sehr bestürzt über die 75 Todesurteile, die am Samstag im Verfahren zur Auflösung des Raba'a-Protestcamps in Ägypten verhängt wurden. 

Deutschland lehnt, wie die Europäische Union insgesamt, die Todesstrafe unter allen Umständen ab. Rechtsstaatlichkeit und die Grundsätze eines fairen, auf jeden Einzelfall differenziert abstellenden Verfahrens können in einem Massenprozess gegen insgesamt 739 Angeklagte nicht zum Tragen kommen. Trotzdem wurden alle Angeklagten für schuldig befunden und mit der Todesstrafe oder mit fünf bis 25 Jahren Haft bestraft. Ich hoffe, dass das ägyptische Berufungsgericht diese Urteile überprüfen und sicherstellen wird, dass internationale rechtliche Standards eingehalten werden.

Im gleichen Verfahren wurde der UNESCO-Preisträger und Fotojournalist Mahmoud Abu Zeid, alias „Shawkan“, zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Ich bin erleichtert, dass er nach fünf Jahren Untersuchungshaft nun endlich frei kommt. Ich halte es jedoch für unerträglich, dass „Shawkan“ – ebenso wie andere Angeklagte – trotzdem verpflichtet ist, sich täglich bei einer Polizeistation zu melden.

Hintergrund:

Am Samstag, den 8. September wurden die Urteile im sogenannten Raba'a Dispersal Case verkündet. Im August 2013 kamen während der gewaltsamen Auflösung eines Protestcamps auf dem Raba’a Platz in Kairo durch Militär und Sicherheitskräfte über 800 Menschen zu Tode. Insgesamt gab es 739 Angeklagte, von denen 75 zum Tode verurteilt wurden. Gegen die Urteile kann noch Berufung eingelegt werden, d.h. sie sind noch nicht rechtskräftig.

Der Fotojournalist Mahmoud Abu Zeid, alias „Shawkan“, der im August 2013 über die Räumung des Protestcamps berichtet hatte, kommt frei mit der Auflage, sich weitere fünf Jahre lang täglich bei einer Polizeistation zu melden. Beobachter befürchten, dass er damit trotz Abbüßung seiner Haftstrafe seiner journalistischen Tätigkeit kaum nachgehen und kein freies Leben führen können wird.