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Bertelsmann Stiftung / Kita-Ausbau: Kluft zwischen Ländern bleibt

 Bertelsmann Stiftung - 28. August 2018



Gütersloh, 28.08.2018. Die Qualität von Kitas hat sich – gemessen an den Personalschlüsseln
und der Leitungsausstattung – im bundesweiten Mittel in den vergangenen Jahren verbessert.
Am 1. März 2012 war eine pädagogische Fachkraft in Krippen rein rechnerisch noch
für 4,8 ganztagsbetreute Kinder zuständig, am 1. März 2017 waren es 4,3 Kinder. In Kindergartengruppen
verantworteten Erzieherinnen und Erzieher 2012 die Förderung von 9,8 Kindern,
im Jahr 2017 waren es nur noch 9,1 Kinder. Merklich verbessert hat sich auch der Anteil
der Kitas, die über Personalressourcen für die Einrichtungsleitung verfügen. Demnach gaben
2014 noch 17 Prozent der Kitas an, keine Zeit für Leitungsaufgaben zu haben, 2017 waren es
nur rund elf Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der betreuten unter Dreijährigen zwischen 2012
und 2017 um 36 Prozent.

Trotz des quantitativen und qualitativen Ausbaus in den vergangenen Jahren bleiben die immensen
Qualitätsunterschiede zwischen den Bundesländern bestehen – besonders im Vergleich
zwischen Ost- und Westdeutschland. So kamen im Osten 2012 6,4 Kinder auf eine
Krippenfachkraft, im Westen hingegen 3,9. Fünf Jahre später waren es in den neuen Bundesländern
durchschnittlich 6,0 Kinder, im Westen 3,6. Nicht anders sieht es in den Kindergärten
aus: Während in Ostdeutschland im Jahr 2012 12,8 Kinder auf eine Erzieherin kamen, waren
es im Westen 9,2 Kinder. Fünf Jahre später waren es im Osten 11,9 und im Westen 8,4 Kindergartenkinder.
Die Zahlen müssen allerdings vor dem Hintergrund gewertet werden, dass in
Ostdeutschland traditionell deutlich mehr Kinder unter drei Jahren in Krippen betreut werden.
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, fasst die Ergebnisse zusammen: „Die KitaQualität
hat sich bundesweit verbessert – die Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland ist
allerdings geblieben.“ Zudem stagniere seit zwei Jahren die Ausbaudynamik. Seit 2015 hat
sich in elf Bundesländern im Krippenbereich der Personalschlüssel nicht weiter verbessert. 


Ohne Nachbesserung verschärft das Gute-Kita-Gesetz die Qualitätskluft

Die Bundesregierung will mit dem Gute-Kita-Gesetz die Qualität der Einrichtungen verbessern
und gleichwertige Lebensverhältnisse herstellen. Genau das scheint der aktuelle Gesetzesentwurf
allerdings nicht einzulösen. Es drohe, so Dräger, eine Verschärfung der Situation.
Das Gesetz sähe zwar eine Vielzahl von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung vor, definiere
allerdings keine bundeseinheitlichen Standards. Dräger fordert die Bundesregierung deshalb
auf, nachzubessern. „Ohne bundesweit einheitliche und gesetzlich geregelte Standards bleibt
der Flickenteppich bei der Kita-Qualität.“

Die derzeit geplante Verteilung der Bundesmittel im Gute-Kita-Gesetz über das Finanzausgleichsgesetz
berücksichtigt nicht die Zahl der betreuten Kinder. Dadurch werden jene Länder
mit vielen Kindern in Kitas und Kindertagespflege benachteiligt, traditionell Ostdeutschland.
Die Bertelsmann Stiftung schlägt deshalb vor, die Bundesmittel gemessen an der Anzahl der
Kinder in Kindertagesbetreuung zu verteilen. Die ostdeutschen Länder würden danach 2021
und 2022 jährlich 449 Millionen Euro erhalten. Damit würden rund 14 Prozent des jährlichen
Finanzbedarfs für bessere Personalschlüssel und Leitungsausstattung abgedeckt. „Gerade
die ostdeutschen Länder brauchen mehr finanzielle Mittel, um bei der Kita-Qualität aufzuholen“,
sagt Dräger.


Bundesweite Standards in Bund-Länder-Vereinbarungen verankern

Bund und Länder sollten sich in den anstehenden Verhandlungen, so Dräger, „auf eine Verbesserung
der Personalschlüssel und Leitungsausstattung konzentrieren.“ Nur so ließen sich
bundesweit einheitliche Bildungschancen und faire Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte unabhängig
vom Wohnort erreichen. Den Fokus auf die Beitragsfreiheit zu richten, wie es derzeit
viele Bundesländer tun, hält Dräger „für ein falsches Signal.“ Er mahnt deshalb: „Die Qualität
der Kitas leidet unter der Beitragsfreiheit.“ Die bereits für den Qualitätsausbau zu geringen
Mittel des Bundes sollten nicht für eine Abschaffung von Kitabeiträgen eingesetzt werden,
sondern vielmehr für eine Befreiung der Familien unterhalb der Armutsrisikogrenze.
Für 2021 und 2022 ist eine jährliche Zuwendung des Bundes von rund zwei Milliarden Euro
vorgesehen. Um allerdings einen qualitativ hochwertigen Ausbau der Kitas zu stemmen, sind
jährlich insgesamt 8,7 Milliarden Euro nötig. Zudem besteht ab 2023 keine gesicherte Bundesfinanzierung.
Dies lässt offen, ob sich die Bundesländer überhaupt dauerhaft auf eine Verbesserung
der strukturellen Rahmenbedingungen verpflichten oder die Mittel eher in kurzfristige
Maßnahmen investieren. Dräger sieht den Bund in der Pflicht, die Finanzzusagen langfristig
zu sichern. „Die Länder brauchen eine dauerhafte und auskömmliche finanzielle Perspektive,
um die Kita-Qualität zu verbessern.“ 



Die 2 Milliarden des Bundes reichen nicht: Um Deutschlands Kitas zu verbessern, braucht es weitere 6,7 Milliarden Euro.