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Bildquelle SI BONE Becken mit iFuse Implantaten klein

Faszination Iliosakralgelenk - Funktion und Therapie der zentralen Schnittstelle im Becken

19. Juli 2018


Im Becken verbindet das etwa handtellergroße Iliosakralgelenk, kurz ISG, den unteren Wirbelsäulenabschnitt mit den beiden Beckenschaufeln. Ihren sperrigen Namen verdankt die Übergangsstelle der Lage zwischen Darm- (Ilium) und Kreuzbein (Sakrum) und wird somit oftmals auch als Darm-Kreuzbein-Gelenk bezeichnet. „Zwar ist das ISG kein klassisches Kugelgelenk wie beispielsweise an Schulter oder Knie, sondern eher ein flacher Gelenkspalt, es weist aber dennoch einen geringen Bewegungsspielraum von wenigen Grad auf. Dies liegt vor allem an der straffen Gelenkkapsel sowie dem festen Bandapparat“, erklärt Priv. Doz. Dr. Christian Kammerlander, stellvertretender Direktor aus dem Klinikum der Universität München. Als Pufferzone hält die gelenkartige Verbindung täglich hohen Belastungen stand. 


Sensible Schnittstelle aus der Spur

Beim Joggen oder bei Sportarten wie Fuß- und Handball, die laufintensiv sind, wirken durch das Auftreten enorme Kräfte. Dabei fungiert das ISG als eine Art Stoßdämpfer, indem es die eintreffenden Kräfte abfedert und an die Wirbelsäule weiterleitet. Zusätzlich haben Muskeln und Bandstrukturen die beiden Gelenkplatten im Becken fest im Griff. Jedoch bringen ein unachtsamer Tritt ins Leere, ein Sturz auf das Gesäß oder eine ruckartige Drehbewegung während des Laufens das sensible Konstrukt aus dem Gleichgewicht und Gelenkflächen verschieben sich schmerzhaft. Mediziner sprechen dann von einer ISG-Blockade. Neben den äußeren Einflüssen tragen auch dauerhafte Haltungsprobleme, Fußfehlstellungen oder ein undynamisches Sitzverhalten zu einer Blockade bei. „Je nach Intensität der Schmerzen sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen, vor allem wenn sich die Beschwerden nicht nach wenigen Tagen von selbst wieder verschwinden. Eine langfristige Schonhaltung verschlimmert den Zustand zunehmend“, warnt der Facharztkollege Dr. Simon Weidert.  


Beschwerdebilder richtig deuten

Leider weisen ISG-Blockaden ähnliche Symptome auf wie ein Bandscheibenvorfall: einseitige, tiefsitzende Schmerzen im unteren Rücken, die teilweise bis in beide Beine ausstrahlen, sowie plötzlich auftretende Druckbeschwerden im Gesäß beim Beugen oder Drehen des Oberkörpers. Betroffene wie auch Mediziner verwechseln somit oftmals typische Anzeichen. In jedem fünften Fall leiten Ärzte daher Therapien ein, die auf eine Behandlung der Bandscheiben abzielen – mit teilweise fatalen Folgen. „Bei einem Verdacht sollten ISG-spezifische Tests durchgeführt werden, wie beispielsweise der Kompressionstest“, weiß Priv. Doz. Kammerlander. Dabei befindet sich der Patient in Seitenlage und der Experte übt mit beiden Händen leichten Druck auf das Becken aus. Bei Schmerzen lässt das auf eine ISG-Blockade schließen. Zur Sicherung der Diagnose kommen jedoch weitere Tests sowie klinische und bildgebende Untersuchungen zum Einsatz. Zu guter Letzt sorgt eine Schmerzmittelinjektion direkt in das betroffene Gelenk für Klarheit.


Wieder fest im Griff

Halfen Bewegungs- und Physiotherapie, Wärmeanwendungen oder Injektionstherapien sowie eine Verödung der Nerven nicht weiter, griffen Mediziner lange Zeit zu starren Schraubsystemen. „Um den erheblichen Leidensdruck der Patienten auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, gehörte die Versteifung des strapazierten Segments zum Behandlungskonzept“, erklärt Dr. Weidert. Heutzutage profitieren Patienten jedoch von einem neuartigen Implantatsystem, den sogenannten iFuse-Implantaten. Dabei stabilisieren kleine dreieckige Titanimplantate das ISG und verwachsen aufgrund ihrer porösen Oberflächenstruktur – bekannt aus der Endoprothetik – schonend mit dem umliegenden Gewebe. Innerhalb weniger Wochen kehren Patienten schmerzfrei in ihren gewohnten Alltag zurück. Krankenkassen übernehmen die Kosten der Behandlungsmethode vollumfänglich.



Foto 1: Bildquelle SI-BONE Becken mit iFuse-Implantaten

Foto 2: Bildquelle Klinikum der Universität München Priv. Doz. Dr. Christian Kammerlander