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Wirtschaftsrat-Umfrage: Starker Vertrauensverlust der Großen Koalition IV in Europapolitik und in Haushaltspolitik

6. Juni 2018

17. Mitgliederbefragung des Wirtschaftsrates

• Union und FDP büßen Wirtschaftskompetenz ein

• Steuerpolitik: Steuerentlastungen und Soli-Abbau in dieser Legislaturperiode gefordert

• Europa: Überwiegende Mehrheit misstraut EZB-Geldpolitik, unterstützt aber Kurs der Deutschen Bundesbank

Die Mitglieder des Wirtschaftsrats der CDU e.V. bewerten die Große Koalition schlechter als im Vorjahr. Der deutlichste Vertrauensverlust ist in der Europa- (34 Prozent) und der Haushaltspolitik (46 Prozent) zu verzeichnen: minus 26 und 30 Prozent gegenüber 2017. Im vergangenen Jahr unterstützten die Unternehmer also noch mit klarer Mehrheit die Europapolitik und die Haushaltspolitik. Schlusslichter der Zufriedenheitsskala der abgefragten Politikfelder bilden die Digitalisierungs- (21 Prozent), Renten- (20 Prozent), Energie- (19 Prozent) sowie Steuerpolitik (17 Prozent).

 

Werner M. Bahlsen (Foto), Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V.: „Diese Bewertungen stellen ein sehr eindeutiges Zeugnis über den Start der Großen Koalition IV aus: Sie ist mit zu viel Umverteilung gestartet, hat zu wenige Weichen für die Zukunft gestellt.“

 

Union und FDP büßen Wirtschaftskompetenz ein

Bei der Bewertung ihrer Wirtschaftskompetenz fiel die Union binnen eines Jahres von 81 auf 59 Prozent, die FDP von 88 auf 76 Prozent. „Die Unionsparteien hatten im letzten Jahr durch ihre programmatischen Weichenstellungen vor der Bundestagswahl ein deutlich schärferes Profil. CDU und CSU leiden unter dieser Regierung. Die FDP besitzt zwar das stärkste wirtschaftspolitische Profil, aber ihr Ausstieg aus den Sondierungsverhandlungen hat doch viele nicht überzeugt“, sagt Werner M. Bahlsen. 

 

Finanzpolitischen Spielraum für Steuersenkungen nutzen

Eine solide Haushaltspolitik mit Einhaltung der „schwarzen Null“ ist 86 Prozent der befragten Mitglieder sehr wichtig oder wichtig. „Für Steuerentlastungen ist angesichts von Steuermehreinnahmen von 2016 bis 2022 in Höhe von über 170 Milliarden Euro genügend Spielraum vorhanden. In Zeiten sprudelnder Steuermehreinnahmen müssen wir den Leistungsträgern unserer Gesellschaft etwas zurückgeben“, fordert Werner M. Bahlsen. „78 Prozent unserer Mitglieder fordern zu Recht einen Abbau des Solidaritätszuschlages noch in dieser Legislaturperiode. 86 Prozent fordern eine Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Preissteigerung und die Glättung des sogenannten Mittelstandsbauches. Die Erhöhung der Schwelle, von der ab der Spitzensteuersatz greift, ist für 73 Prozent wichtig.“

 

Kopplung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung

Die Pläne der Großen Koalition in der Rentenpolitik bewertet die überwiegende Mehrheit der Unternehmer kritisch. Dagegen halten 82 Prozent eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung für richtig. „Wir sehen das als Aufforderung, weiter für eine nachhaltige, generationengerechte Rentenpolitik einzutreten. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und der Bindung des Renteneintrittsalters an die stetig steigende Lebenserwartung müssen dringend umgesetzt werden“, fordert Werner M. Bahlsen.

 

Standortpolitik muss Kosten und Bürokratie ins Visier nehmen

Ein enormer Kostenfaktor, der Deutschland von seinen Nachbarn negativ abhebt, sind die hohen Energiepreise: Für 74 Prozent der Mitglieder sind die Strompreise mit ihrem staatlich verordneten Anteil von gut drei Vierteln zu hoch. Hier ist die Politik gefordert, über die notwendige Entlastung der energieintensiven Betriebe hinaus für Entlastung zu sorgen. Bei der Beantwortung einer offenen Frage schrieben besonders viele Mitglieder, dass sie sich durch die wachsende Bürokratie massiv belastet und am unternehmerischen Handeln gehindert sehen. Werner M. Bahlsen dazu: „Verlässliche Verwaltungsstrukturen sind eigentlich ein positiver Standortfaktor, aber Deutschland braucht dringend eine breitangelegte Entbürokratisierungsinitiative, sonst ersticken die Betriebe.“

 

Flächendeckende Breitbandversorgung vorantreiben

Großer Handlungsbedarf besteht auch bei der Digitalisierung: 97 Prozent sagen, dass sich die Bundesregierung verstärkt um den Ausbau des schnellen Internets kümmern sollte. „Wir fordern seit langer Zeit eine flächendeckende Breitbandversorgung. Zugang zu schnellem Internet ist Grundvoraussetzung für digitale Anwendungen und Innovationen“, so Werner M. Bahlsen. 88 Prozent fordern Entlastungen im Datenschutz – insbesondere nach Einführung der  EU-Datenschutzgrundverordnung.  

 

Massiver Vertrauensverlust in Europapolitik

Die deutlich geringere Unterstützung für die Europapolitik der Bundesregierung – nur noch 34 Prozent sind mit ihr zufrieden – ist nur ein Indiz für einen massiven Vertrauensverlust. Die Geldpolitik mit Niedrigzinsen und indirekter Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt eine weitere Folge: Nur rund 28 Prozent der Mitglieder vertrauen dem Kurs der EZB. Ganz anders sieht das bei der Deutschen Bundesbank aus: 74 Prozent unserer Mitglieder unterstützen die Politik von Bundesbankpräsident Jens Weidmann. „Der andauernde Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB hat dem europäischen Projekt bereits jetzt viel Glaubwürdigkeit gekostet und Schaden zugefügt. Nur mit einer Rückkehr zu einer soliden Geldpolitik kann die EZB Vertrauen zurückgewinnen“, mahnt Werner M. Bahlsen.

 

Der Präsident des Wirtschaftsrates resümiert: "In der Europapolitik ist auch die Bundesregierung gefordert, sich für die Rückkehr zu verbindlichen Regeln in Europa einzusetzen. So kann die Antwort auf Forderungen nach immer größeren Transfertöpfen nur lauten: Jedes Land muss zuerst selbst seine Strukturen für Wachstum und Beschäftigung verbessern. Danach kann es auf die Solidarität der anderen setzen.“ 

 

Fakten zur Umfrage

11.150 der rund 12.000 Mitglieder des Wirtschaftsrates haben das Umfragetool des Wirtschaftsrates freigeschaltet. Frage 1 beantworteten 2.474 Personen, bei Frage 12 waren es 2.305. Wissenschaftlich begleitet wurde die Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut dimap. Die Umfrage wird jährlich zu den aktuellen politischen Entwicklungen durchgeführt.