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Buchtipp: „Theoderich der Große – König der Goten, Herrscher der Römer“

10. Mai 2018

Die Kunst des Regierens 

Rezension von Uta Luise Zimmermann-Krause

In seinem neuesten Buch „Theoderich der Große – König der Goten, Herrscher der Römer“, erschienen im Verlag C.H.Beck, legt der renommierte Autor Hans-Ulrich Wiemer eine umfassende biographische Abhandlung zum Gotenkönig Theoderich vor. Hans-Ulrich Wiemer lehrt als Professor für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und versteht es vorzüglich, die Geschehnisse des 5. Jahrhunderts und darüber hinaus in einem prägnanten Spannungsfeld erscheinen zu lassen. Theoderich ließ wie selbstverständlich durch Cassiodor verkünden, dass er in Italien, Gallien und Hispanien über Goten und Römer herrsche, nachdem er in Ravenna seinen Widersacher Odovakar am 5. März 493 mit einem Schwerthieb aus dem Leben für immer und ewig verbannt hatte. Nun konnte der ungestüme Raufbold Theoderich über den Westteil des Imperium Romanum herrschen, den er in einem verheerenden Bürgerkrieg erringen konnte. Diesem unerschrockenen Kriegsmann gelang es, über Jahrzehnte Stabilität ins Reich zu bringen. 

In dreizehn übersichtlich gegliederten Kapiteln fasziniert der Autor mit detailreichen Schilderungen zum Werdegang der Goten und seiner Herrscher, die sie in zahlreiche Schlachten führten und nicht nur mit Donativ belohnten. Zur Ansiedlung der Völker, die sich Goten nannten, kam es nicht, da sie ständig in irgendwelche Kämpfe verwickelt waren. Bei ihrer Wanderung durch osteuropäische Gefilde trennten sie sich in Ostgoten – bedeutet so viel wie «glänzende Goten» - und Westgoten. Plünderungen, Versklavung und Kriegsbeute bildeten die Tagesordnung. Und doch gaben sich die Goten bereits im 
4. Jahrhundert eine politische und eine soziale Verfassung. Rückschlüsse auf Siedlungs- und Wirtschaftsformen ermöglicht die Archäologie. Grabfunde wie Gürtelschnallen, Gewandfibeln und Schmuck geben Zeugnis vom sozialen Status der Toten. Kleinasiatische Christen wurden zu Kriegsgefangenen, von denen Wulfila abstammte. Er war der Erfinder der gotischen Schrift, die er aus dem Griechischen heraus entwickelte. Wulfila predigte in gotischer, lateinischer und griechischer Sprache. Seine bedeutendste Leistung jedoch war die Übersetzung der Bibel in die Sprache seiner Landsleute. 

Die Entwicklung der Goten unter dem Druck der Hunnen gestaltete sich kompliziert auf ihrer Wanderung aus Gebiet jenseits des Dnjestr in Moldawien. Die Genese des Kriegerverbands, dessen König Theoderich wurde, ist in der Wissenschaft viel diskutiert mit unterschiedlichen Varianten. Auch wenn die Schlacht auf den «Katalaunischen Feldern» keine Entscheidung brachte, galt sie dennoch im 5. Jahrhundert als Sieg der Westgoten über Attila. Doch der Hunnenkönig Attila hatte die Kämpfe abgebrochen und sich in die Große Ungarische Tiefebene zurückgezogen, während Theoderich nun in Italien herrschen konnte. Beherrschten doch die Hunnen die Kunst des Reitens und Bogenschießens meisterhaft. Selbst 500 Jahre später, als ungarische Reitertruppen plündernd und brandschatzend im Reich der Ostfranken einfielen, konnte König Heinrich I. die Aggression nur gegen Tributzahlung eindämmen. Erst im Jahr 955 erzielte Kaiser Otto der Große den Sieg auf dem Lechfeld gegen die Ungarn. Und der Bischof und Chronist Thietmar von Merseburg lässt uns wissen: «… und nur weil er [Otto] die heilige Lanze dabei hatte, konnte er den Sieg erringen …». Fürwahr eine schöne Geschichte.

Theoderich erhielt für 10 Jahre als Geisel in jungen Jahren eine gehobene Bildung am Kaiserhof in Konstantinopel. Er beherrschte Lesen, Schreiben, Griechisch, Kommunikation und Umgang mit den Untertanen des Kaisers im abgestuften System von Rängen und Titeln. 

So vorbereitet auf seine Mission als König der Goten und Herrscher über die Römer, konnte er sein Reich für Jahrzehnte stabilisieren und Feinde siegreich abwehren. Spannend erzählt!  
     
Hans-Ulrich Wiemer, 
Theoderich der Große – König der Goten, Herrscher der Römer.
782 Seiten, 46 teils farbige Abbildungen, 17 Karten
gebunden, Hardcover, Schutzumschlag,
Verlag C.H.Beck, 2018, 
ISBN 978-3-406-71908-0  
Preis: 34,00 EUR