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Notarkammer Sachsen-Anhalt: Erbe über Eck - Erben nach der Scheidung

Magdeburg, den 26. April 2018

Auch wenn es keine direkte Erbfolge gibt, kann dem geschiedenen 
Ehegatten eigenes Vermögen zufallen

Nach einer Scheidung gehen Eheleute regelmäßig auch vermögensmäßig
getrennte Wege. Dies ist in der Regel gewollt und gut so. Damit ist aber nicht
ausgeschlossen, dass dem geschiedenen Partner nach einem Erbfall doch
noch Vermögen zufällt. Insbesondere bei gemeinsamen Kindern kann der ExPartner
über die Kinder noch „Erbeserbe“ werden. Wer dies nicht möchte,
muss ein Testament errichten.

In den letzten Jahren ist die Scheidungsquote in Deutschland leicht zurückgegangen
und lag laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2016 knapp unter 40 Prozent. Im
Rahmen einer Scheidung werden regelmäßig alle vermögensrechtlichen Fragen
geklärt, sodass beide Seiten fortan eigene Wege gehen können. Spätestens mit
einem rechtskräftigen Scheidungsurteil bestehen keine gesetzlichen Erbansprüche
mehr. Auch gegenseitige Erbeinsetzungen in einem Testament oder Erbvertrag
werden zumeist unwirksam. 

Wer aber glaubt, dass das eigene Vermögen dem geschiedenen Ehegatten nicht
mehr zufallen kann, der irrt. „Zwar tritt in diesen Fällen regelmäßig keine direkte
Erbfolge ein; sind jedoch gemeinsame Kinder vorhanden, kann es durchaus zu
einem Erbe über Eck kommen“, erklärt Dr. Fanny Wehrstedt, Geschäftsführerin der
Notarkammer Sachsen-Anhalt. Das Gesetz sieht vor, dass Eltern ihre Kinder
beerben, wenn die Kinder selbst keine Abkömmlinge haben. Ist also ein
gemeinsames Kind verstorben und hatte es keine Kinder, erbt der geschiedene
Partner als Elternteil. Damit erlangt er selbstverständlich auch das Vermögen,
welches das Kind zuvor ererbt hat. In der Praxis findet man solche Konstellationen
ab und an bei tragischen Verkehrsunfällen, wo schnell zeitliche Zufälle über die
Erbfolge entscheiden. Zu dieser Situation kann es aber auch kommen, wenn das
Kind den geschiedenen Partner im Testament zum Erben einsetzt. Denn
grundsätzlich kann jeder selbst bestimmen, wem er das eigene Vermögen –und
damit auch das ererbte Vermögen – zukommen lässt. 

Wem das nicht gefällt, der kann unter dem gezielten Einsatz erbrechtlicher
Instrumente den Weg seines Nachlasses selbst beeinflussen. Ein möglicher Weg ist
die Anordnung eines sogenannten Herausgabevermächtnisses, das nur eintreten
soll, wenn der Ex-Partner doch Erbe wird. Denkbar wäre aber auch, ein
gemeinsames Kind zum „Erben auf Zeit“ einzusetzen. Das Gesetz spricht hier von
Vorerbschaft. Dabei bestimmt der Erblasser zudem, wer nach dem Vorerben den
Nachlass erhält.

Ein solches Testament kann durchaus selbst geschrieben werden. Allerdings mahnt
die Notarkammer Sachsen-Anhalt zur Vorsicht: „Die zu treffenden Regelungen sind
rechtlich komplex und sollten zumindest von einem auf das Erbrecht spezialisierten
Juristen geprüft werden.“ Wehrstedt empfiehlt in solchen Fällen sogar die direkte
Erstellung eines notariellen Testaments und erläutert, was oft nicht bekannt ist: „Der
Notar sorgt nicht nur für die richtige Umsetzung des rechtlichen Willens. Die Gebühr
für die notarielle Beurkundung umfasst auch die Beratung, unabhängig von
Schwierigkeitsgrad und Dauer.“