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Tag des Baumes am 25. April 2018: Beseitigt, beschädigt, zerpflegt

25. April 2018

Ein Zwischenruf zum Tag des Baumes von Ulrich Klaus, BUND-Experte für Alleen
 
An vielen, zu vielen Stellen im Land bemerkt selbst der aufmerksame Laie einen ständigen, scheinbar unaufhaltsamen Niedergang der Natur. Symbol dafür ist der Baum, dem zugeschrieben wird, dass er nahezu allerorten das menschliche Treiben gefährdet oder stört. Nach dieser Logik ist der Baum zum Verschwinden verurteilt. Im Gegensatz zu totgedüngten und vermüllten Wasserläufen oder Feldern, die lückenlos bis an den Straßenrand ausgeweitet werden, fällt das aus zwei Gründen weniger auf: Nur der aufmerksame Ortskundige bemerkt, wenn etwas vorher Vorhandenes plötzlich verschwunden ist. Außerdem werden Bäume zu oft als schmutzendes Ärgernis und Gefahr dargestellt.
 
Das war nicht immer so. Die anhaltinischen Fürsten und die Verwalter der preußischen Provinz Sachsen, deren landschaftliches Erbe wir bewohnen, betrachteten Bäume als kulturellen und wirtschaftlichen Wert. Wer kennt nicht die Dessau-Wörlitzer Gartenlandschaft, inzwischen als UNESCO-Welterbe geschützt, und die einst lückenlosen Obstbaum-Chausseen an Landstraßen und Feldwegen.
 
Mit Blick auf die einstige Kulturlandschaft sind wir Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen. Dabei verhalten wir uns gerade so, als sei es umgekehrt. Bäume sind überall im Rückgang: An Straßen werden sie nach und nach gefällt. Obwohl nach geltendem Recht vorgesehen, wird mit dem Hinweis für das Risiko für den Verkehr nur sehr selten nachgepflanzt. An Gräben, Bächen und Flüssen müssen Bäume oft verschwinden, damit "die Technik" bei ihren Räumungsaktionen nicht behindert wird. Und schließlich wird jeder Ast, der zu weit auf ein Feld oder eine Fahrbahn ragt, rigoros und selten fachgerecht abgeschnitten, manchmal einfach nur heruntergebrochen, durchaus bis in fünf Meter Höhe und mehr. Übrig bleiben traurige Strünke, die mit ihren Verletzungen kämpfen.
 
Zu diesem Drangsal gesellen sich immer häufigere Stürme, längere Trockenheiten, tausende Tonnen Streusalz, Pflüge und Grasmäher, die Wurzeln und Rinde verletzen ,  die Liste ist lang. Das letzte Wort spricht dann das Alter der Bäume, die aus längst vergangenen baumfreundlicheren Zeiten stammen und kaum Nachwuchs bekommen. Haben wir uns selbst dazu verurteilt, eine bis zum Horizont ausgeräumte, unkraut- und insektenfreie Ackerebene zu bewohnen, in der die optischen Glanzpunkte aus Stromtrassen oder Windrädern bestehen? Entlang der A 38 südwestlich von Halle kann man einen Eindruck davon gewinnen.
 
Es gibt in Sachsen-Anhalt einen eigenen Paragraphen zum Schutz und zur Mehrung der Alleen, und auch der Baumreihen auf freiem Feld. Fordern wir seine Einhaltung ein! Es gibt zahllose Kommunen, die absichtlich keine Baumschutzsatzung haben. Gehen wir zu den Gemeinde- und Stadträten und sprechen es an! Es gibt Gewässer-Unterhaltungsverbände und Bauern, die mit Gehölzen behutsam umgehen. Loben wir sie öffentlich und sprechen mit den Anderen, denen jedes Stück Holz zuviel ist. In unseren Garagen und Werkstätten liegen Kettensägen, Motorsensen, Frischholzsägen und Baumscheren. Gehen wir ab heute vorsichtig damit um.

Bildautor: Ulrich Klaus