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Heute in Magdeburg: Verfassungsschutzbericht 2017 vorgestellt

Magdeburg, den 24. April 2018

Sachsen-Anhalts Minister für Inneres und Sport, Holger Stahlknecht (Foto), hat heute in Magdeburg den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 vorgestellt. Dieser beinhaltet folgende Kernaussagen:

 

-        Keine akuten Gefährdungsszenarien in Sachsen-Anhalt

-        Rechtsextremismus im Land unterliegt nach wie vor starken Veränderungen

-        Extremistisches Personenpotenzial weitgehend stabil; aber: islamistisches Personenpotenzial steigt

 

Allgemein rückblickend auf das Jahr 2017 betonte Stahlknecht erneut die Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die von Extremisten aller Phänomenbereiche ausgeht. „Verfassungsfeinde lassen sich in nahezu allen Bereichen finden. Sie nutzen die zunehmende Vernetzung der modernen Informationsgesellschaft um ihre extremistischen Ideologien zu verbreiten.“

 

Insgesamt wird das extremistische Personenpotenzial in Sachsen-Anhalt auf 2.655 geschätzt, hiervon entfallen etwa 1.300 Personen auf den Bereich des Rechtsextremismus. Dieser stellt damit weiterhin den Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes dar. Steigend ist das Personenaufkommen im Islamismus und der Reichsbürgerszene. In den Bereichen Linksextremismus und Ausländerextremismus ist das Personenpotenzial gleich geblieben, es stieg jedoch die Anzahl der Aktivitäten.

 

Zu den Phänomenbereichen im Einzelnen:

 

I.          Rechtsextremismus

 

Der Rechtsextremismus unterliegt weiterhin einem Wandel. Er tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf, wobei insbesondere die parteiungebundene rechtsextremistische Szene kleinteiliger geworden ist. Informelle, flexible und kurzlebige Personenzusammenschlüsse sind nunmehr prägend. Ideologischer Pfeiler des Rechtsextremismus bleiben jedoch die Parteien, auch wenn deren Bedeutung schwindet. Angesichts dessen begrüßte Stahlknecht nochmals die Entscheidung des Bundesrates zur Einleitung des Verfahrens zum Ausschluss der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung sowie den kürzlich gefassten Beschluss der Bundesregierung von 18. April 2018. „Als verfassungsfeindliche Partei darf die NPD keinesfalls weiter mit Steuergeld finanziert werden“, betonte er.

 

Die regionalen Schwerpunkte des Rechtsextremismus ergeben ein heterogenes Bild. In den Städten Halle (Saale) und Magdeburg sowie den Landkreisen Stendal, Jerichower Land und Wittenberg hat vor allem die subkulturell geprägte, gewaltbereite rechtsextremistische Szene ihre Hochburgen. Neonazis, welche in der Tradition des historischen Nationalsozialismus stehen, treten überwiegend im Süden Sachsen-Anhalts auf.

 

II.         Linksextremismus

 

Der Minister begrüßt die Neujustierung des Blickes auf den Linksextremismus in vielen Bereichen von Politik, Medien und Öffentlichkeit.

 

„Die Ereignisse rund um den G20-Gipfel Hamburg haben gezeigt, welches Potenzial an Militanz und Bereitschaft zu Straf- und Gewalttaten dem Linksextremismus inne wohnen kann“, so Stahlknecht.

 

Als heterogenes Phänomen stellt der Linksextremismus ein Sammelbecken für unterschiedliche Strömungen dar, deren gemeinsamer Nenner das Streben nach einer Überwindung der bestehenden „bürgerlichen“ Staats- und Gesellschaftsordnung ist. Hierbei werden bestehende gesellschaftliche Konflikte aufgegriffen; Linksextremisten können somit teilweise auf eine hohe Anschlussfähigkeit bis weit in die Gesellschaft hinein vertrauen.

Das Personenpotenzial im Land wird auf 490 geschätzt, wobei der gewaltbereiten, insbesondere autonomen Szene etwa 230 Personen zugerechnet werden.

 

III.        Reichsbürgerszene

 

Das Bild der Reichsbürgerszene konnte sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht konturiert werden. Die Szene umfasst mit Stand Jahresende 2017 etwa 450 Personen in Sachsen-Anhalt. Der Anstieg ist dabei im Wesentlichen auf einen Zuwachs des Erkenntnisgewinns zurückzuführen. Dieser ist maßgeblich mit dem Ersuchen des Verfassungsschutzes an die obersten Landesbehörden und den vorliegenden Rückmeldungen befördert worden. Auf Grund der noch nicht abgeschlossenen Auswertung der Erkenntnisse ist mit einem weiteren Anstieg des Personenpotenzials zu rechnen.

 

IV.       Islamismus

 

Der Islamismus und die damit einhergehenden Gefahren des islamistischen Terrorismus verursachen weiterhin eine angespannte Bedrohungslage. Auch in Sachsen-Anhalt halten sich, wie in allen anderen Bundesländer, Islamisten auf. Das erkannte Personenpotenzial fällt mit etwa 200 noch verhältnismäßig gering aus.

 

Allerdings stehen auch hierzulande einzelne islamische Gemeinden in Verbindungen zu islamistischen Gruppen. Dies kann sowohl die bloße Unterstützung für entsprechende Kreise sein, als auch die dominierende Stellung von einzelnen islamistischen Personen oder Personengruppen innerhalb der Gemeinde.

 

In Bezug auf den islamistischen Terrorismus stehen neben den von Einzeltätern ausgehenden Gefahren weiterhin mögliche konspirative Einreisen von Mitgliedern terroristischer Organisationen nach Europa im Fokus. So wurden auch in Sachsen-Anhalt mehrere mutmaßliche IS-Kämpfer identifiziert und inhaftiert.

 

V.        Ausländerextremismus

 

Im Bereich des Ausländerextremismus zeigen sich die weltweiten Wechselwirkungen der Sicherheitslage, die sich auch auf Sachsen-Anhalt auswirken. So haben die politischen Ereignisse in der Türkei und die gestiegene Brisanz des dortigen Konflikts mit den Kurden unmittelbare Auswirkungen nach Deutschland hinein, auch nach Sachsen-Anhalt.

 

Die kurdische Arbeiterpartei PKK verfügt auch hierzulande über ein hohes Mobilisierungspotenzial, spontane Versammlungen mit bis zu 250 Teilnehmern sind möglich. Hierbei kann es zu zum Teil auch gewaltsamen Konflikten mit nationalistisch eingestellten türkischstämmigen Personen kommen oder auch mit Verfechtern der türkischen Regierungspolitik. Mit Sorge beobachtet Stahlknecht, welcher momentan auch den Vorsitz der Innenministerkonferenz inne hat, die jüngsten Anschläge auf türkische Einrichtungen und Moscheen, die z.B. in Berlin oder westdeutschen Bundesländern stattfanden sowie die zunehmende Vernetzung von PKK-Aktivitäten mit Personen aus dem hiesigen linksextremistischen Spektrum.

 

VI.       Wirtschaftsschutz

 

Die Nachrichtendienste vieler Staaten haben die Aufgabe, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militärtechnologie anderer Länder auszuforschen. Angriffsziele sind sowohl auf der staatlichen Ebene, als auch im privatwirtschaftlichen Bereich zu finden, wo Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ausgespäht werden. Zum Schutz sachsen-anhaltischer Unternehmen hält der Wirtschaftsschutz des Verfassungsschutzes ein umfangreiches Kooperations- und Beratungsangebot vor.

 

VII.      Übersicht über das Personenpotenzial


 

2015

2016

2017

Rechtsextremisten

 

Parteigebundener Rechtsextremismus (Parteien)

280

265

265

Parteiungebundener Rechtsextremismus

390

410

350

Weitgehend unstrukturierter, meist subkulturell geprägter Rechtsextremismus

800

800

760

Summe:

1.470

1.475

1.375

Gesamt (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften)

1.400

1.400

1.300

 

 

 

Linksextremisten

 

Gewaltbereite Linksextremisten, 
insbesondere Autonome

230

230

230

Parteien und sonstige Gruppierungen,
unter anderem die „Rote Hilfe“

250

260

260

Gesamt:

480

490

490

 

 

 

Islamisten

Im mittleren zweistelligen Bereich

150

200

 

 

 

 

Reichsbürger und Selbstverwalter

(inkl. Rechtsextremisten innerhalb dieser Szene)

Nicht erfasst

330

450

 

 

 

PKK (Arbeiterpartei Kurdistans)

200

250

250

 

 

 

GESAMTZAHL aller Extremisten in Sachsen-Anhalt (nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften)

2.590