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Keine Änderung: In Deutschland wird viel zu viel getrunken

29. März 2018

Das DHS Jahrbuch Sucht 2018 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. liefert
die neuesten Zahlen, Fakten und Trends zum Konsum legaler und illegaler Drogen sowie
zu abhängigem Verhalten.

Alkohol

In diesem Jahrbuch greifen wir erstmals auf eine verbesserte Ermittlung des Gesamtverbrauches
an Trinkalkohol in Deutschland zurück. Im Jahr 2015 betrug der Alkoholkonsum 10,7
Liter Reinalkohol pro Bundesbürgerin oder -bürger im Lebensalter ab 15 Jahren. Der Gesamtverbrauch
an alkoholischen Getränken sank im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,25 %
auf 133,8 Liter pro Kopf der Bevölkerung. Auf den gesamten Alkoholkonsum, gemessen in
Reinalkohol pro Kopf, entfallen 5,0 Liter auf Bier, 2,3 Liter auf Wein, 1,8 Liter auf Spirituosen
und 0,4 Liter auf Schaumwein.

Trotz eines geringen Konsumrückgangs kann keine Entwarnung gegeben werden. Wie die
Ergebnisse repräsentativer Umfragen und Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes
zeigen, sind insgesamt 3,38 Mio. Erwachsene in Deutschland von einer alkoholbezogenen
Störung in den letzten zwölf Monaten betroffen (Missbrauch: 1,61 Mio.; Abhängigkeit: 1,77
Mio.) 74.000 Todesfälle werden jährlich durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum
von Tabak und Alkohol verursacht.

Die Zahlen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in 2016 aufgrund eines
akuten Alkoholmissbrauchs in Krankenhäusern stationär behandelt wurden, bleibt weiterhin
hoch: Mit 22.309 Patienten zwischen 10 und 20 Jahren ist die Zahl sogar um 1,8 % zum
Vorjahreswert gestiegen. Im Vergleich zur Behandlungszahl des Jahres 2000 (ca. 9.500 Behandlungsfälle)
entspricht dies einer Steigerung von 134,5 %.

Mit 322.608 Behandlungsfällen wurde im Jahr 2016 die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen
durch Alkohol (F 10)“ als zweithäufigste Hauptdiagnose in Krankenhäusern
gestellt. Bei Männern war dies die häufigste Hauptdiagnose in Krankenhäusern (234.785 Behandlungsfälle).

Eine aktuelle Untersuchung beziffert die direkten und indirekten Kosten des Alkoholkonsums
in Deutschland auf rund 40 Mrd. Euro. Dem stehen Einnahmen des Staates aus alkoholbezogenen
Steuern von nur 3,165 Mrd. Euro (2016) gegenüber.

Die Ausgaben für Alkoholwerbung in TV, Rundfunk, auf Plakaten und in der Presse belaufen
sich 2016 auf 557 Mio. Euro, ungeachtet der Ausgaben für Sponsoring und Werbung im Internet.


Tabak und E-Zigaretten

Der Verbrauch von Zigaretten und von Pfeifentabak ist 2017 wieder gestiegen: In Deutschland
wurden 75.838 Millionen Zigaretten konsumiert. Im Vergleich zu 75.016 Millionen Stück im
Vorjahr entspricht dies einer Erhöhung um 1,1 %. Außerordentlich stark zugenommen hat der
Konsum von Pfeifentabak. Der Anstieg von 2.521 Tonnen im Jahr 2016 auf 3.245 Tonnen in
2017 entspricht 28,7 %. Der Feinschnittverbrauch sank um 3,7 %, von 25.188 Tonnen auf
24.258 Tonnen. Ebenso ist der Konsum von Zigarren und Zigarillos auf 2.823 Millionen Stück
(im Vorjahr 3.049 Millionen Stück; -7,4 %) zurückgegangen.

Einer im Mai 2016 durchgeführten Befragung zufolge hat jede/r achte Deutsche ab 14 Jahren
(11,8 %) schon einmal E-Zigaretten probiert. Bei Männern lag der entsprechende Anteil mit
rund 15 % gegenüber 9 % deutlich höher als bei Frauen. Bei einem Großteil blieb es jedoch
bei einmaligem Konsum: lediglich 1,4 % aller Personen verwendeten E-Zigaretten aktuell zum
Zeitpunkt der Befragung, 2,2 % haben in der Vergangenheit regelmäßig E-Zigaretten genutzt.

Im Jahr 2013 starben rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das waren
13,5 % aller Todesfälle. Hinzu kommen schätzungsweise 3.300 Todesfälle durch Passivrauchen.
Die durch das Rauchen entstandenen Kosten belaufen sich in Deutschland jährlich auf
79,09 Mrd. Euro, davon sind 25,41 Mrd. Euro direkte Kosten zum Beispiel für die Behandlungen
tabakbedingter Krankheiten, Arzneimittel etc. und 53,7 Mrd. Euro indirekte Kosten zum
Beispiel durch Produktivitätsausfälle. 


Psychotrope Medikamente

Im Jahre 2016 wurden in der Bundesrepublik Deutschland rund 1,54 Milliarden Arzneimittelpackungen
verkauft (keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr). Der Anteil der rezeptpflichtigen
und nicht rezeptpflichtigen Mittel hält sich bei den Mengen die Waage, auf die jeweiligen
Kategorien entfallen je etwa 50 %, also jeweils um die 750 Mio. Packungen.

Die Umsätze der pharmazeutischen Unternehmer stiegen im Jahre 2016 auf 31,5 Mrd. Euro
(+3,1 %), über Apotheken wurden 1,5 Milliarden Packungen verkauft. Die GKV und die privaten
Krankenversicherungen sind die „Hauptnachfrager“ rezeptpflichtiger Mittel. Zu Lasten der
GKV wurden 2016 für rund 36 Mrd. Euro Arzneimittel in den Apotheken abgegeben (ohne
Einrechnung der Rezepturen der Onkologie von knapp 2 Mrd. Euro).

Wenn es um Missbrauch und Abhängigkeit von Arzneimitteln geht, zeigt sich die übliche Situation:
Die Langzeitanwendung von Tranquilizern und Schlafmitteln (z.B. mit den Wirkstoffen
Lorazepam, Diazepam, Zolpidem und Zopiclon) steht im Mittelpunkt, wenn es um die Ursachen
für die Arzneimittelabhängigkeit von etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen in Deutschland
geht. Dazu zählen überwiegend ältere Menschen, davon sind die meisten Frauen. 


Illegale Drogen

Basierend auf den aktuellsten Bevölkerungssurveys des Jahres 2015 haben in Deutschland
etwa 479.000 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie 14,4 Mio. Erwachsene im Alter
von 18 bis 64 Jahren zumindest einmal in ihrem Leben eine illegale Droge konsumiert. Nach
wie vor ist Cannabis in allen Altersgruppen die am weitesten verbreitete illegale Droge und
wurde von 7,3 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und 6,1 % der 18- bis 64-jährigen Erwachsenen
im Zeitraum der letzten 12 Monate konsumiert. Über den Zeitraum der letzten 25
Jahre zeigen die Prävalenz des Konsums irgendeiner illegalen Droge sowie die Cannabisprä-
valenz bei 18- bis 59-jährigen Erwachsenen bei einem wellenförmigen Verlauf einen insgesamt
zunehmenden Trend.

Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 1.333 drogenbedingte Todesfälle polizeilich registriert.
Dies entspricht einem Anstieg von 8,7 % gegenüber dem Vorjahr. Damit ist die Zahl der drogenbedingten
Todesfälle im vierten Jahr in Folge erneut gestiegen. Diese Entwicklung steht
einem zuvor mehrere Jahre zu beobachtenden rückläufigen Trend drogenbedingter Todesfälle
gegenüber. 


Pathologisches Glücksspiel

Die Lebenszeit-Prävalenz der Teilnahme an irgendeinem Glücksspiel ist in der Bevölkerung
seit 2009 von 87,1 % auf 75,3 % im Jahr 2017 zurückgegangen. Die 12-Monats-Prävalenz
hat sich im Vergleich zu der Vorerhebung bei 37,3 % stabilisiert. Nach aktuellen Prävalenzzahlen
ist bei 0,56 % der bundesdeutschen Bevölkerung (326.000 Personen) ein problematisches
Spielverhalten und bei 0,31 % (180.000 Personen) ein pathologisches Spielverhalten
erkennbar.

Die ambulante Beratungsnachfrage durch pathologische Spieler/-innen hat sich leicht erhöht.
Ihr Anteil in den Suchtberatungsstellen lag, bezogen auf Einzeldiagnosen, bei 8,0 % (2015:
7,8 %), der Anteil der Hauptdiagnosen betrug 7,0 % (2015: 6,8 %). Eine Hochrechnung auf
die Gesamtzahl der betreuten Spieler/-innen in ambulanten Suchtberatungsstellen verweist
auf rund 24.100 Fälle mit der Einzeldiagnose „Pathologisches Spielen“ (Hauptdiagnose:
21.000), nach 23.600 im Jahr 2015. Spieler/-innen an Geldspielautomaten bilden mit 72,3 %
nach wie vor mit Abstand die größte Gruppe. In stationären Einrichtungen ist nach den Einzelund
Hauptdiagnosen der Anteil pathologischer Spieler/-innen an der Gesamtzahl der Patienten
im Vergleich zum Vorjahr von 5,3 % auf 6,9 % bzw. von 2,6 % auf 3,8 % gestiegen.

Die Umsätze (Spieleinsätze) auf dem legalen deutschen Glücksspiel-Markt sind 2016 im Vergleich
zum Vorjahr um 6,3 % auf 45,2 Mrd. Euro gestiegen. Einen Anstieg des Umsatzes und
Bruttospielertrags um 8,7 % auf 29,9 Mrd. Euro bzw. 6,85 Mrd. Euro verzeichneten die
264.000 aufgestellten gewerblichen Geldspielautomaten in Spielhallen und gastronomischen
Betrieben. Seit der Novellierung der Spielverordnung im Jahr 2006, der Erhöhung der Spielanreize
und der Expansion des Angebots hat sich der Ertrag um 191,5 % erhöht. 


Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) stellt fest:

Nach wie vor sind die legalen Drogen Alkohol, Tabak und Medikamente für den größten Teil
der Suchtproblematik in Deutschland verantwortlich. Die nur geringfügigen Konsumveränderungen
bestätigen zum wiederholten Male die Forderungen der DHS nach effektiven Präventionsmaßnahmen,
wie Preiserhöhungen, Angebotsreduzierung und Werbeeinschränkungen. 

Zudem sind die Optimierung des Jugendschutzes und das Verbot der Abgabe an Jugendliche unter 
18 Jahren notwendig. Verhaltens- und Verhältnisprävention müssen flächendeckend und kontinuierlich
eingesetzt werden, damit Deutschland endlich die internationalen Spitzenplätze im
gesundheitsschädlichen Konsum legaler Drogen verlässt. Darüber hinaus müssen in der Prävention die unterschiedlichen Problemlagen von Männern und Frauen sowie die soziale Benachteiligung
stärker berücksichtigt werden.