Nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen...
Stellungnahme zum MZ-Leitartikel vom 3. Mai 2017 „Obergrenze im Klassenraum“
Die Forderung scheint vernünftig und ist in der Sache auch begründet: Der Philologenverband
Sachsen-Anhalts möchte den Anteil von geflüchteten Kindern in Sachsen-Anhalts Schulen
beschränken und eine (prozentuale) Obergrenze einführen. Ein angemessenes Verhältnis
erleichtert den Umgang mit den besonderen Herausforderungen einer zielgruppenbezogenen
sprachsensiblen Förderung und verbessert die Integration der Kinder in den Klassenverband. Dem
ist zuzustimmen. Und nebenbei bietet der Verzicht auf sogenannte Willkommensklassen auch
pädagogisch-didaktisch effektivere Möglichkeiten einer schnellen und effizienten Sprachförderung
in der Zielsprache.
Jedoch halten wir als Grundschulverband eine Obergrenze für das falsche Instrument. Kinder nicht
wohnortnah, sondern gemäß einer Quote auch fernab des aktuellen Wohnortes zu beschulen,
verhindert eher Integration, als dass es sie unterstützt. Gerade geflüchtete Kinder brauchen eine
enge Verzahnung von Wohn- und Lernumfeld, und hier wie dort vielfältige Anlässe für
interkulturelle Begegnung und Kommunikation.
Die vorgeschlagene Quotenregelung bedeutet für
die betroffenen Kinder nicht nur längere Schulwege, sondern auch eine noch klarere Trennung von
schulischer und außerschulischer Sozialstruktur; also das Gegenteil von Integration.
Besser wäre, bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen Ballungen jeder Art zu vermeiden
und über die regional breit angelegte Integration der Geflüchteten die angemessene Verteilung
auf viele Schulen ganz nebenbei zu erreichen. Das verbessert nicht nur die Situation an den
Schulen im Sinne des aktuellen Vorschlags, sondern erleichtert auch die Integration der Familien in
allen Bereichen der Gesellschaft.
Grundschulverband – Landesgruppe Sachsen-Anhalt am 3. Mai 2017